In der Unreife liegt die Würze

Markus Steinbäcker und sein teures Hobby im Südburgenland: Er füllt den Saft unreif geernteter Trauben ab.
Der Quereinsteiger Markus Steinbäcker schwört auf den Geschmack von unreifen Trauben.

Da soll noch einer sagen, dass erst Kolumbus den Kürbis nach Europa brachte. Markus Steinbäcker fand vor Kurzem ein Rezept aus dem Jahre 1380: "Gegrillter Kürbis mit Verjus". Das nur am Rande bemerkt, denn für den Kürbis interessiert sich der gelernte IT-Fachmann weniger – seine Leidenschaft gehört dem Verjus. Den grünen Saft gewinnt er aus unreifen Trauben und dieser gehört bereits seit Jahrhunderten zur europäischen Küche. Zahlreiche Rezepte aus dem Mittelalter würdigen Verjus als beliebtes Würzmittel für Suppen, Saucen und Braten. So tischte sogar einst ein päpstlicher Koch Stachelschwein mit Verjus im Vatikan auf.

Im Geschmack lässt sich der Saft am ehesten als saurer Traubensaft beschreiben, der sich jedoch viel runder und weicher als Essig präsentiert. Verantwortlich für den harmonischen Geschmack ist die Weinsäure. Steinbäcker: "Wenn eine Suppe nach nichts schmeckt, dann hilft ein Schuss Verjus und ein Klacks Butter."

Mit dem Traktor zu den Trauben

In der Unreife liegt die Würze
honorarfrei
Viele Winzer schneiden am Weinstock einen Teil der Weintrauben weg, um den Übriggebliebenen beim Reifen mehr Luft zukommen zu lassen. Früher ließen die Weinbauern diese Trauben einfach am Boden liegen, nun entdecken aber viele das genussvolle "Abfallprodukt". Produzenten wie Markus Steinbäcker, die sich nur auf Verjus konzentrieren, gibt es kaum.

Für den 43-jährigen Quereinsteiger stand anfangs aber nicht der vielfältige Einsatz den unreifen Traubensaftes im Vordergrund: "Ich suchte einen Ausgleich zu meinem Büro-Job und wollte etwas schaffen, das man am Ende in den Händen halten kann. Ein Handwerk ausüben. Und ein bisschen Traktor fahren." Also entschied er sich für den Kauf eines kleinen Weingartens im südburgenländischen Oberau. 3000 bis 4000 Kilo Trauben verarbeitet er im Jahr, ein kleiner Teil bekommt er von einem ungarischen Bauern zugeliefert.

Histaminfrei und vegan

In der Unreife liegt die Würze
Warum wir heutzutage nicht mehr mit Verjus kochen, ist schnell erklärt: Die Zitrone verdrängte in adeligen Häusern ab dem 17. Jahrhundert das Kochen mit Verjus. Für den Steirer ist das Einsatzgebiet der unreifen Trauben somit schnell erklärt: "Überall dort, wo wir zu Zitronensaft oder Essig greifen würden." Das gilt für Salate genauso wie für Sorbets oder Desserts. Statt zu einem Soda-Zitron doch lieber zu einem Soda-Verjus greifen? "Gespritzt schmeckt der verdünnte Verjus erfrischend, aber nicht so sauer wie ein Soda-Zitron. Das perfekte Sommer-Getränk."

Das bekannteste kulinarische Zeugnis, das noch heute mit Verjus hergestellt wird, ist der französische Dijon-Senf. In anderen Teilen der Welt blieb das kulinarische Wissen um Verjus übrigens erhalten: Orientalische Länder, wie der Iran, verzichten manchmal auf das Abfüllen des Ab Gureh in Flaschen. Dort pressen die Köche die unreifen Trauben mit der Hand direkt über dem Essen aus. Mag kurios klingen, im Grunde machen wir aber nichts anderes mit der Scheibe Zitrone über dem Schnitzel oder dem Fisch.

In der Unreife liegt die Würze
honorarfrei

Zwei Begriffe fallen in Zusammenhang mit unreifen Trauben recht schnell: histaminfrei und vegan. Da es sich bei der Ernte um unreife Trauben handelt, enthalten diese kaum Histamin und wenig Fruchtzucker. Auch die gesundheitlichen Aspekte sprechen für den Einsatz des Safts der unreifen Trauben. "Bereits in der Antike sprach Hippokrates von der medizinischen Wirkung: Bei Magenproblemen oder Verdauungsbeschwerden empfahl er den Traubensaft." Bekanntlich muss auch Wein nicht vegan sein. Ob ein Verjus vegan ist, hängt wie bei Wein oder Essig vom Klärungsprozess ab. Steinbäcker klärt lediglich mit ein bisschen Ascorbinsäure und kann daher seinen Traubensaft als vegane Alternative zu Essig vermarkten.

Von der Ernte bis zur Flasche

In der Unreife liegt die Würze
honorarfrei
Die Schritte von der Ernte bis zur Flasche sind schnell erklärt: Nach dem Abrebeln kommen die Trauben in die Obstmühle und werden gepresst. Anschließend setzt sich der Trub ab und der Saft wird filtriert und erhitzt (pasteurisiert), um ihn haltbar zu machen. Für einen Liter Verjus braucht es zwei bis 2,5 Kilo Trauben. Wie bei Wein, schmeckt auch Verjus je nach Wetterlage und Bodenbeschaffenheit jedes Jahr anders. Andere Abfüller wie Barbara Öhzelt im Kamptal machen je nach Traubensorte die Säfte: Dann gibt es Veltliner-Verjus oder Zweigelt-Verjus. Steinbäcker geht einen anderen Weg und verkauft viaOnline-Shopzwei Varianten: Er mischt seine Traubensorten und presst sie zu einem extra sauren Verjus, so wie ihn die Franzosen lieben würden, und zu einem fruchtig milden Verjus, so wie ihn die Wiener lieben würden.

Sein "schönes, teures Hobby" möchte der studierte Telematiker keinesfalls missen, denn er bastelt bereits an neuen Verjus-Produkten: "Ich möchte dem Verjus seinen Stellenwert zurückgeben, den er einmal hatte."

Erdäpfel kochen, schälen und in Scheiben schneiden. Vogerlsalat waschen. Zwiebel klein schneiden und zu den warmen Erdäpfeln dazugeben. Kernöl, Verjus, Zucker, Salz und Pfeffer mischen und über die Kartoffeln geben, Vogerlsalat dazu und durchmischen.

Je nach Geschmack Croutons, Speckwürfel oder geröstete Nüsse darüberstreuen.

Olivenöl erhitzen, Zwiebelwürfel zugeben und bei geschlossenem Deckel sanft anbraten. Geschnittene Paradeiser zugeben und bei geschlossenem Deckel 15 Minuten bei etwas mehr Hitze kochen. Anschließend die Kapern und den Verjus zugeben und ohne Deckel weiterkochen, bis die Sauce einreduziert und sämig ist.

Kommentare