Kellermeisterin erklärt Wandel vom Doppler bis zum Spitzenwein

Kellermeisterin Barbara Wimmer und Winzer Gerhard Lobner
Kellermeisterin Barbara Wimmer erklärt, warum Wiener Weingüter in der ersten Liga der Traditionsweingüter mitspielen.

Preussen – die Lage am Nussberg bringt mit ihren kalkreichen Böden einen komplexen, mineralischen Riesling sowie Gemischten Satz hervor. Das "Weingut Mayer am Pfarrplatz" baut hier zwei seiner Top-Weine an.

Diesen Herbst präsentiert das traditionsreiche Weingut mit 61 weiteren sogenannten Traditionsweingütern charakterstarke Tropfen, die das Prädikat "Erste Lage" tragen dürfen – erstmals werden im September die Regionen Wien und Carnuntum ihre Erste-Lagen-Weine auf Schloss Grafenegg vorstellen.

Zu dieser speziellen Lagenklassifikation hatten sich die Weingüter entschlossen, um dem Konsumenten eine Orientierungshilfe zu geben.

Aber wie kann es sein, dass die gleichen Reben, die vor Jahrzehnten noch den billigen Doppler hergegeben haben, heute in der oberen Liga mitspielen? Barbara Wimmer, Kellermeisterin im "Weingut Mayer am Pfarrplatz" und eine Großnichte von Franz Mayer, und Geschäftsführer Gerhard Lobner erklären den Kulturwandel.

Kellermeisterin erklärt Wandel vom Doppler bis zum Spitzenwein

KURIER: War es familiär bedingt klar, dass Sie im Weinbau landen würden?

Barbara Wimmer: Da wir einen Schrebergarten am Nussberg hatten, habe ich die Sommer dort verbracht. Als Kind hab ich mitten im Weingarten gespielt – ich bin auch heute ein sehr naturbezogener Mensch. Entschieden habe ich mich dann zwischen Gartenbau- oder Weinbauschule.

Wie erklären Sie sich den Wandel vom preiswerten Doppler hin zu prämierten Spitzenweine, die ins Ausland exportiert werden?

Wimmer: Wie ich 1996 angefangen haben, hat es beim Heurigen noch viel mehr Gäste gegeben, die den offenen Schankwein bestellt haben. Dieses Konsumverhalten hat sich stark verändert. Es gab damals neben Heurigen und Staubigen auch einen Altwein – mittlerweile schenken die Heurigen gar keinen Altwein mehr aus und der Staubige ist vom Jungen Wiener abgelöst worden.

Wie hat sich der Job, seit den 90ern verändert?

Wimmer: Im Keller ist er doch etwas technischer geworden. Als ich begonnen habe, waren wir personell gut aufgestellt, dann kamen die Jahre, wo es nur noch mich gab. Seit der Übernahme durch Hans Schmid (Anm: 2007), haben sich die Anbauflächen wieder vergrößert und das Personal ist aufgestockt worden. Es hat eine Spezifizierung stattgefunden: Ich bin für die Vorgänge im Keller verantwortlich, Gerhard Lobner füllt die Rolle des Winzers in den Weingärten aus.

Hängt der Wandel des Wiener Weins mit einer Professionalisierung zusammen?

Gerhard Lobner: Den Kellermeister gab es früher nicht im Weinbau, den hatten Kellereien. Es gab den Winzer, der für Weinbau und Kellerwirtschaft verantwortlich war. Es werden heute sowohl an den Winzer als auch Kellermeister höhere Ansprüche gestellt.

Wie charakterisieren Sie Ihre Top-Weine?

Lobner: Traubenselektion und die Bestimmung des perfekten Lesezeitpunkts ist mein Gebiet, das Lesen ist wieder Gemeinschaftsarbeit. Bei Weinen wie zum Beispiel von der Ried Preussen schmeckt man den mineralischen Kalkboden, dezente Fruchtaromen und einen leicht cremigen Abgang.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Wiener Wien aus?

Lobner: Riesling ist eine späte Weißweinsorte, es gibt hier also ein bisschen Spielraum betreffend dem Erntezeitpunkt. Wir haben in Wien auf einer kleinen Fläche extrem unterschiedliche Seehöhen-Expositionen, wir gehen mittlerweile schon auf 400 Meter Seehöhe hinauf. Unsere Vorgänger haben hier immer schon genau die Güter der einzelnen Lagen beobachtet und entsprechende Sorten gepflanzt. Der Wiener Gemischte Satz wurde als Risikomanagement in den Weingärten ausgepflanzt. Die Winzer hatten vielleicht einen halben Hektar und mussten von diesen Erträgen leben. Aus diesem Grund haben die Wiener Winzer auf früh-, mittel- und spätreife Sorten im Weingarten gesetzt.

Wimmer: Unser Wiener Gemischter Satz, der einen hohen Anteil an Riesling hat, kann die Klimaveränderung wohl besser verkraften.

Lobner: Intensiv beschäftigen wir uns derzeit mit der Begrünung in den Weingärten, um das Wasser in den Böden zu speichern. Das Wein-Geschmacksbild hat sich über die Jahrzehnte weiterentwickelt: Wenn man heute schaut, wie der Riesling vor 50 Jahren geschmeckt hat, dann sprechen wir von einem ganz anderen Wein als Jahrgang 2018.

Tasting
Bevor die Erste-Lagen-Weine auf den Markt kommen, findet ein Walk-Around-Tasting im Schloss Grafenegg statt. Heuer werden zum ersten Mal nicht nur die Region Donau (Kamptal, Kremstal, Traisental, Wagram), sondern auch Wien und Carnuntum ihre Weine vorstellen. Zu verkosten gibt es 200 Weine von 62 Traditionsweingütern, vom Grüner Veltliner und Riesling über Weißburgunder und Wiener Gemischter Satz bis zum Zweigelt und Blaufränkisch.

Schloss Grafenegg
6. September von 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 25 Euro vor Ort bzw. 20 Euro über oeticket.com, kostenloser Eintritt mit Konzertkarte des Tages (Tickets unter www.grafenegg.com)

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