Der gute alte Erotikkalender: Nackt durchs Jahr
Aus der Zeit gefallen seien Kalender längst, schreibt Herr Peter, der Leser. Und dennoch erwäge er, sich das Jahr 2021 mit einer speziellen Augenweide zu verschönern. Man gönnt sich ja sonst nichts, irgendeinen Lichtblick brauche man. Da meint er weder Seen noch Berge, sondern seine subjektive Idee von Hügeln. Manchen mag da der Pirelli-Kalender einfallen, der ist aber auch nicht mehr das, was er einmal war. Keine erotisch in Szene gesetzten Damen, sondern etwa – wie 2017 von Peter Lindbergh fotografiert – die besten Schauspielerinnen der Welt. Angezogen.
Herr Peter tut sich mit der Idee des politisch korrekten Erotikkalenders schwer, er pocht auf sein Recht, die Wände seines Arbeitszimmers so zu schmücken, wie es ihm genehm ist. Als Naturliebhaber denke er da an die neue Ausgabe der Edition „Land & Lust“. Sie wird im Netz so beworben: Der Erotikkalender für richtige Jungs vom Land. Attraktive Landmädchen zeigen sich natürlich erotisch, draußen und drin. Ja, so komme man heiter und angeregt durchs Jahr, meint er. Das mag sein, wenngleich der Grat zwischen Sexismus und Erotik bekanntlich schmal ist und das Ganze was von Herrenwitz hat. Ich dachte ja, dass die Zeit des Nackt-Kalenders längst vorbei ist, und die Branche vom Aussterben bedroht wäre. Und dennoch feiern eingefleischte Fans so manches Exemplar des kalendarischen Wandschmucks als Kult. Ein kurzer Blick zurück: Bereits im 19. Jahrhundert konnte man Kalendergeschichten mit Abbildungen „reizvoller Frauen“ kaufen, die waren meist gezeichnet. Dann kam das Pin-up-Girl, seine Hoch-Zeit erlebte es während des Zweiten Weltkriegs, als damit Spinde oder die „Schnauzen“ von Kampfflugzeuge geschmückt wurden („Nose Art“). Mae West galt als legendäres Pin-up, ebenso wie Marilyn Monroe oder Rita Hayworth. Eines der berühmtesten Pin-up-Fotos zeigt Betty Grable im Badeanzug, von hinten, wie sie über ihre Schultern hinweg in die Kamera lächelt. Mit plumper Ästhetik oder gar mit Pornografie hatte diese Kunstform nichts zu tun, klischeehafte Männerträume wurden dennoch bedient – und nackte Frauen, u. a. mit mächtigen Maschinen (Motorräder, Autos etc.) symbolhaft verknüpft. Der Begriff „Pin-up“ bedeutet übrigens „anheften“.
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