So gelingt das vegane Martiniganserl ganz ohne Tierleid

So gelingt das vegane Martiniganserl ganz ohne Tierleid
Die Österreicher konsumieren in hohem Ausmaß Import-Gänse aus Stopfmast und Lebendrupf – Alternativen sind Weidegänse oder vegane Rezepte mit Seitan-Filets.

Für viele ist die Martinigans eine lukullische, Jahrhunderte alte Tradition und ein Einstimmen auf die winterliche Vorweihnachtszeit. Als sie im Jahr 1171 erstmals urkundlich erwähnt wurde, galt dies aber nicht ihrem kulinarischen Stellenwert. Vor der kargen Winterzeit musste die Geflügelschar stark dezimiert werden, darum erhielten die Knechte am 11. November stets ihren Lohn und eine Gans.

Laut Tierschutzorganisationen müssten die Österreicher schon längst ihren Verzehr von 250.000 Gänsen rund um den Martinstag überdenken, denn mehr als drei Viertel unserer verspeisten Gänse kommen aus dem Ausland. Und dort werden sie zu Lebzeiten nicht besonders gut behandelt.

Im Jahr 2020 wurden 1.900 Tonnen Gänsefleisch konsumiert. Der Selbstversorgungsgrad beträgt lediglich 28 Prozent. Mit Abstand am meisten importieren wir ganze Tiere aus Ungarn, einzelne Gänseteile aus Ungarn und Polen. In beiden Ländern, aber auch in anderen europäischen Ländern, sind laut Vier Pfoten die tierquälerischen Praktiken Stopfmast und Lebendrupf noch erlaubt.

Trotz unseres Verbots hierzulande ist die Chance also groß, dass eine gequälte Gans auf unserem Teller landet. Es sei denn, es handelt sich um Weidegänse oder vegane Ersatzprodukte.

Auslauf und Frischluft

In Österreich grasen 150.000 Weidegänse auf Grünlandflächen: Sie dürfen sich wesentlich länger Zeit lassen für ihr Wachstum als importierte Schnellmastgänse und werden bis zu acht Monate alt. Bei der Schnellmast werden Gänse nur zehn Wochen alt. Auch die Weideflächen sind bei Weidegänsen großzügig – pro Hektar werden etwa 100 bis 120 Tiere gehalten.

Die Weiden bieten der Gänseschar – die Tiere sind sehr gesellige Vögel – nicht nur Futter, sondern auch Schatten und Auslauf. Ein tiergerechtes Dasein wirkt sich positiv auf das Fleisch aus, das feinfaserig und aromatisch schmeckt.

Gansl ohne Fleisch

Statt einer glücklichen Gans gäbe es auch die Möglichkeit, ganz auf die Martinigans zu verzichten. Weltweit wird die Zahl der Vegetarier und Veganer auf eine Milliarde geschätzt. In Europa liegt Österreich mit rund neun Prozent Vegetariern und einem Prozent Veganern vorne in der Rangliste.

Daniel Reiter eröffnete vor einem Jahr Wiens erstes veganes Kochstudio namens Ziguri Kochschule, demnächst startet er eine Ausbildungsstätte für vegane Köche: "Die klassischen, österreichischen Rezepte funktionieren oft nur mit Ersatzprodukten. Oder es braucht einige Tricks, um den gleichen Geschmack nur mit Gemüse zu erzeugen – so auch bei einer veganen Gans oder Ente."

Die wichtigsten Tricks? „Das Seitan-Filet muss eine ähnliche Konsistenz wie eine Gans haben: auf keinen Fall zu weich, auf keinen Fall zu fest. Zudem muss das Filet in Tapiokastärke über Nacht eingelegt werden. Das wird die knusprige Haut-Seite.“

Woher kommt der Geschmack? "Es braucht einen guten Bratensaft: Da wir entweder nur mit Gemüse arbeiten können, ist das ein recht großer Aufwand. Das Gemüse muss mindestens eine Stunde einkochen. Mein Geheimtipp: Rotwein und Sojasauce verwenden."

Auch klassische Gansl-Kräuter wie Majoran, Thymian, Kümmel oder Liebstöckel kommen in den Topf. "Nachdem das Filet mit der Tapiokastärke scharf angebraten wurde, muss es kurz in den Ofen und immer wieder mit der Bratensauce übergossen werden. So entsteht eine geschmacksintensive Kruste." Viel Aufwand: "Ja, wer traditionelle Gerichte vegan kochen möchte, braucht viel Zeit und Liebe."

So gelingt das vegane Martiniganserl ganz ohne Tierleid

Bratensauce

2 große Zwiebel gewürfelt

2 große Karotten gewürfelt

200 g Sellerieknolle gewürfelt

100 g Porree in feine Scheiben geschnitten

100 g Peterwurzel gewürfelt

4 Knoblauchzehen gehackt

2 EL Paradeisermark

40 g Waldpilze getrocknet

1 TL Kümmel gemahlen

1 TL Thymian getrocknet

1 EL Majoran

250-300 ml trockener Rotwein

1 L Gemüsesuppe kochend

3 EL Tamari Sojasauce

4-5 EL Rapsöl, Salz und Pfeffer

  1. Zwiebel, Karotten, Sellerieknolle, Porree, Peterwurzel, Knoblauchzehen und Waldpilze in reichlich Öl dunkel anrösten.
  2. Mit der Hälfte des Rotweins ablöschen und Röstansatz vom Topfboden lösen. Nachdem der Rotwein eingekocht ist, Vorgang mit dem Rotwein-Rest wiederholen und dabei wieder den Ansatz vom Topfboden lösen.
  3. Paradeisermark und Gewürze dazugeben. Die Hälfte der Gemüsesuppe in vier Schritten aufgießen und dabei immer wieder einkochen lassen, bis sie an Röstaromen gewinnt.
  4. Mit restlicher Suppe und Sojasauce aufgießen und 20 min mit angelegtem Topfdeckel köcheln lassen.
  5. Den Topfinhalt durch ein feines Sieb gießen und dabei das Gemüse ausdrücken.
  6. Aufgefangene Sauce einkochen, parallel das ausgedrückte Gemüse mit 700 ml kochendem Wasser 15 min kochen.
  7. Nach der Kochzeit Gemüse mit einem Stabmixer pürieren und zu der restlichen Sauce geben. Diese für weitere 5-10 min sämig eindicken lassen.
  8. Mit Salz und Pfeffer aus der Mühle abschmecken.

Gans ohne Fleisch

6 Seitanfilets

Tapiokastärke

200 ml Bratensauce

3 Zwiebel halbiert

80 g Margarine

  1. Filets mit einer Seite mindestens 10 min in Tapiokastärke legen und kräftig andrücken.
  2. Abklopfen, mit Margarine auf dieser Seite scharf anbraten, bis eine Kruste entsteht. Wenden, andere Seite kurz anbraten.
  3. Backofen auf 170° vorheizen, Zwiebelhälften mit Schnittfläche nach unten in eine große Auflaufform legen und die Filets mit Krusten-Seite nach oben auf den Zwiebeln platzieren.
  4. Filets esslöffelweise mit Bratensauce bedecken. Diesen Vorgang drei Mal wiederholen, bis eine schöne glänzende Haut entsteht.

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