Saumäßig guter Koch: Max Stiegl ist Koch des Jahres

Saumäßig guter Koch: Max Stiegl ist Koch des Jahres
Der Restaurantführer Gault&Millau kürte Haubenkoch Max Stiegl zum "Koch des Jahres 2021".

Hoffnung auf ein besseres Leben. Drei Jahre vor Beginn der Jugoslawien-Kriege packt Familie Raškovic ihre Habseligkeiten und fährt 400 Kilometer nach Salzburg. Die Eltern wollen Željko und Stevo mehr bieten als sie es im Slowenien der Achtziger tun können: Obwohl die Kinder nur Semmel und guten Morgen auf Deutsch sagen können, fühlen sie sich nicht als Fremde.

Heute sagt Max Stiegl über seine Kindheit: "Den Gastarbeiterkindern der zweiten Welle standen alle Türen offen. Und deswegen engagiere ich mich heute so sehr für gelebte Integration."

Den Kunstnamen Max Stiegl nimmt der Koch bereits in seiner Lehrzeit in Salzburg an. Nach dem Ende dieser zieht es ihn an den Neusiedler See, wo er als jüngster Küchenchef weltweit einen Michelin-Stern erkocht und die Liebe seines Lebens in einer Bar kennenlernt.

Schwieriger Chef, der viel zurückgibt

Saumäßig guter Koch: Max Stiegl ist Koch des Jahres

14 Jahre nach Eröffnung seines Guts Purbach im Burgenland wird der Drei-Haubenkoch am Donnerstag mit dem begehrten Titel "Koch des Jahres 2021" ausgezeichnet. Martina und Karl Hohenlohe, Chefredakteurin und Herausgeber von Gault & Millau begründen ihre Wahl so: "Er ist ein Querdenker, will nicht gefällig sein und es allen Recht machen. In keiner Phase zu gewollt kreativ, aber durchaus experimentierfreudig, Klassiker in Perfektion und dann wieder überraschende Kreationen, die oft aus Zutaten seiner burgenländischen Heimat zusammengefügt sind."

Weltberühmt ist Gut Purbach für seine Sautänze und Innereien-Haute-Cuisine. Anfangs aus der unternehmerischen Not heraus, alles verkochen zu müssen, sind Stiegls Gerichte wie "Das Huhn aus einer Schweinsblase" weit über die Landesgrenze hinaus bekannt. Auch dank diverser TV-Auftritte wie an der Seite von Tim Mälzer.

Noch heute eckt er oft mit seiner Speisekarte an: Als er vor Kurzem als Gruß aus der Küche "Gänsefutter" in Form von Vogelmiere, Heu, Heuschrecken und Schnecken auftischte, hagelte es Reklamationen. Aber er kocht nicht, um geliebt zu werden.

Wenn er seinen Kindern Werte mit auf den Weg geben will, dann Strebsamkeit und Ehrlichkeit. "Es muss nicht immer alles aufgehen. Fehler formen Menschen. Ich habe keine Angst zu versagen. Ohne Sabine im Hintergrund hätte ich das alles nie geschafft." Was ihm besonders leidtut: Dass er mit seinen Kindern nicht mehr Slowenisch spricht – sein Corona-Projekt.

100.000 Rexgläser: Höchstform in der Krise

Saumäßig guter Koch: Max Stiegl ist Koch des Jahres

Selbst wuchs Stiegl mit der Balkan-Hausmannskost seiner Mutter, einer gelernten Köchin, auf. Heute sind seine Eltern nicht gerne Gast im Haubenrestaurant ihres Kindes: "Es ist nicht ihre Welt. Diese Generation hat immer Angst, dass sie anderen einen Tisch wegnehmen könnten."

Wer den Burgenländer kennenlernt, sieht einen rastlosen Handwerker, der gerne Witze reißt und nicht still sitzen kann. Als Chef sei er nicht einfach, wie er selbst zugibt. Er fordere viel und gebe auch viel zurück. Freiwillig zahlt er seinen Mitarbeitern einen Mindestlohn von 1.700 netto im Monat.

Warum der Innereien-Spezialist im Krisenjahr ausgezeichnet wird, liegt auch in seiner Antwort auf die Krise: 100.000 verkaufte Portionen seines Paprikahendls und seiner Rindsrouladen – säuberlich eingerext für zu Hause. Diese Woche erweitert er das Sortiment um Take-away-Boxen, in denen ganze Menüs – auch ein Gansl-Menü – nach Anleitung finalisiert werden können.

Zeugnisvergabe: Pro Haube ein Kind

Anfang Dezember vergibt der Restaurantführer die Noten für das Krisenjahr 2020. Anders als so mancher Spitzenkoch strebt der 40-Jährige keine Aufwertung an: "Ich habe immer gesagt, drei Hauben – drei Kinder. Bei einer vierten Haube, müsste ein weiteres Kind kommen."

Das will der Vater von drei Söhnen dann lieber doch nicht. „Ich freue mich, dass der Titel ein Vierteljahrhundert nach Walter Eselböck wieder ins Burgenland kommt. Walter Eselböck hat Pionierarbeit geleistet.“

Kindheit
Max Stiegl wird am 13.4.1980 in Koper geboren. Die Eltern verlassen mit den Söhnen Slowenien Richtung Österreich: Der ältere Sohn Max steigt 1988 in die 4. Volkssschulklasse ein.

Karriere
Die Lehre absolviert er im Gasthof „Abfalter“ in Salzburg. Mit 21 Jahren bekommt Stiegl im Inamera in Rust als damals weltweit jüngster Koch einen Michelin-Stern verliehen. Mai 2006 eröffnet Stiegl das Gut Purbach in einem ehemaligen Lesehof. Mit Lebensgefährtin Sabine Kummer und den Söhnen Luis Max (8), Moritz Elija (6) und Felix Jascha (3) bewohnt er das alte Mesnerhaus von Purbach am Neusiedler See.

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