Polizist fälschte Corona-Impfpässe - und darf weiter Dienst tun
Das Fälschen von Corona-Impfpässen, eine einjährige bedingte Haftstrafe wegen Falschaussage vor Gericht, schwerer Betrug oder das Lenken einer Funkstreife mit 1,7 Promille – derartige Vergehen sorgen in weiten Teilen der Privatwirtschaft vermutlich für eine Entlassung. Bei der Polizei hingegen gibt es dafür einen Verweis oder maximal eine Geldstrafe. Das zeigen mehrere neue Urteile der Bundesdisziplinarkommission.
Im Falle eines höherrangigen Polizisten wollte sogar das Innenministerium die Entlassung eines Beamten. Bei der Durchsuchung einer Wohnung in Eisenstadt wurden Suchtgift, zahlreiche Schusswaffen, gefälschte Polizeiausweise sowie zwei gefälschte Stempel für Covid-Impfungen sichergestellt.
Bei weiteren Ermittlungen stellte sich heraus, dass ein enger Freund des Wohnungsbesitzers mit von der Partie war. Dieser ist Polizist und hatte bereits fünf Interessenten für den Inhaber der Wohnung organisiert, offenbar wollte er mit seinem Bekannten die gefälschten Impfpässe in Umlauf bringen. Die Stempel hatten die beiden zusammen hergestellt, gab der Beamte später zu.
Nebenbei fand man auch Nazibilder auf dem Handy des Kontrollinspektors und es stellte sich heraus, dass er in seinem Krankenstand – trotz angeblich schwerer Beschwerden an der Wirbelsäule – mehrere Stunden mit seinem Auto 600 Kilometer durch Österreich fuhr, um sich ein neues Fahrzeug anzuschaffen. Und er hatte bereits eine disziplinäre Vorstrafe.
Die Bundesdisziplinarbehörde, die vor einigen Monaten keinen Entlassungsgrund bei einem Bundesheer-Unteroffizier fand, der über Jahre in SS-Uniform spazieren ging, fand auch diesmal Milderungsgründe – vor allem ein Geständnis. Der Disziplinaranwalt der Polizei, der eine Entfernung aus dem Exekutivdienst forderte, wurde übergangen.
Deshalb wurde in dem burgenländischen Fall nur eine Geldstrafe verhängt, obwohl im Urteil auch etwas Selbstkritik durchscheint: Bei lebensnaher Betrachtung kann die Meinung entstehen, dass der Disziplinarbeschuldigte aufgrund seines – nur unter bestimmten Bedingungen – kündbaren Dienstverhältnisses der Meinung ist, sich alles erlauben zu können.
Nur ein Verweis
Zwölf Monate (bedingte) Haft bekam zunächst sogar jener Polizist, der bei einer Klimademo 2019 falsche Aussagen über einen Demonstranten machte. Später widerlegte ein Video den Aktenvermerk eines Beamten, der keine Gewalt bei der Festnahme angewandt haben wollte. Er hatte viel härter zugepackt als ausgesagt.
Hätte der Polizist nur einen Tag Haft mehr bekommen, hätte es eine automatische Entlassung gegeben. Doch bis zu einem Jahr entscheidet die Disziplinarkommission, was mit dem Beamten weiter passiert. Dieses im Bundeskanzleramt beheimatete Gremium sah nicht nur keinen Grund für eine Entlassung, man verhängte nicht einmal eine Geldstrafe. Ein Verweis reiche aus, da der Beamte ohnehin hohe Kosten für den Anwalt zu bezahlen hatte.
Doch auch sonst zeigte man sich zuletzt gnädig. Dass ein Polizist mit 1,7 Promille in einem Polizeifahrzeug durch Wien fuhr, ist für die Kommission auch kein Grund, an der Diensttauglichkeit des Beamten zu zweifeln. Eine Geldstrafe von 1.700 Euro sei genug, lautete das Urteil.
Prominente Fälle und eine Entlassung
In den kommenden Monaten stehen jedenfalls zahlreiche Disziplinarentscheidungen in prominenten Fällen an – etwa um den Beamten O., dem im Verfassungsschutz Malversationen vorgeworfen werden und der als möglicher Autor des berühmten BVT-Konvoluts gilt, das dort in der Ära Herbert Kickl zu einer rechtswidrigen Razzia führte.
Auch die Bademantel-Affäre rund um den ehemaligen Leiter des Korruptionsamtes, Andreas Wieselthaler, wird Ende März entschieden. Dazu muss sich der ehemalige Leiter des Wiener Kriminaldienstes verantworten, der Brigadier hatte schwer alkoholisiert einen Motorrad-Unfall.
Das Innenministerium will aber möglichen Vorwürfen entgegentreten, dass die Disziplinarstrafen zu gering sind und gab dem KURIER erstmals Einblick in die geheime, interne Statistik.
Fazit: Im Vorjahr wurden 268 Disziplinarverfahren geführt. 26-mal gab es einen Verweis, 139-mal eine Geldstrafe. 31 Beamte wurden zeitweilig suspendiert. Zu einer Entlassung führte aber nur ein Fall: Ein Polizist hatte mehrfach in die Gemeinschaftskasse einer Dienststelle gegriffen.
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