Die merkwürdige Welt des obersten Korruptionsbekämpfers
Den Weg zu seinem Schreibtisch musste man sich mitunter durch Schmutzwäsche bahnen. Öfters saß der Chef nur mit einer Sporthose bekleidet an seinem Schreibtisch und es kam vor, dass er sich während Gesprächen mit Untergebenen einfach umzog und in Unterhosen da stand. Der von Kollegen als Messie bezeichnete einst oberste Korruptionsjäger soll auch spärlich bekleidet über den Gang des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) geflitzt sein, sehr zur Verwunderung ausländischer Delegationen.
Mittlerweile 27 Beamte des BAK und des Innenministeriums wurden in der so genannten "Bademantelaffäre" um Andreas Wieselthaler einvernommen - und die Frage, die sich stellt, ist, wie das während seiner zehnjährigen Amtszeit keine Konsequenzen gehabt hat.
Die Bundesdisziplinarbehörde hält dazu fest: "Ebenso lässt sich aus den Einvernahmen schließen, dass es für den Beamten trotz seiner Vorbildfunktion als Leiter der Dienststelle während seiner gesamten Dienstzeit offensichtlich völlig normal gewesen sein dürfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Besprechungen im Bademantel bzw. teilweise auch mit nacktem Oberkörper zu empfangen. Ebenso dürfte er auch kein Problem damit gehabt haben, sich vor Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzuziehen und sich auch lediglich in der Unterhose zu präsentieren, wobei dieses Verhalten oftmals als (sexuell) belästigend, bedenklich, distanzlos, unangenehm, unpassend und unerwünscht sowie für eine Führungskraft und für den Leiter einer Organisationseinheit als nicht adäquat kommentiert wurde."
200 km/h und Todesängste
Mehrere Beamten schilderten auch Horror-Dienstfahrten mit dem Chef, der demnach gerne die Kurvenlage seines Fahrzeugs testete. 200 km/h überland und Tempo 100 in der Stadt seien keine Seltenheit gewesen. Da Wieselthaler laut den Zeugen oftmals erklärte, nie Fehler zu machen, war die Gefahr dabei vielleicht ohnehin nicht so groß.
Besonders Frauen sollen es im Amt besonders schwer gehabt haben. Drei von acht seiner Mitarbeiterinnen kündigten, allerdings ohne eine Beschwerde zu verfassen. Eine der Betroffenen hat seither Angststörungen, Tinnitus und Herzrhythmusstörungen. Sie gab an, unter Druck gesetzt worden zu sein, einen ruhigen Abgang zu machen. Eine andere Beamtin soll vor Kollegen als "menschlicher Mistkübel" und mit weiteren, nicht druckreifen Bezeichnungen bedacht worden sein.
Wieselthaler, der bei seinem ersten Interview betonte, dass er an seinen Taten gemessen werden möchte, legte vor über zwei Jahren sein Amt nieder. Seither ermitteln Staatsanwaltschaft und die Bundesdisziplinarbehörde gegen ihn. Vorgeworfen werden ihm auch merkwürdige Postenbesetzungen im Amt, von einer Zeugin in einem Fall als "voll geschobene Geschichte" bezeichnet.
Ermittlungen laufen noch
Dennoch werden nach und nach immer mehr Vorwürfe eingestellt, teilweise mit juristischen Spitzfindigkeiten. So stellte das Gericht die Ermittlungen wegen der Raservergehen ein, da keine genauen Daten und Orte ermittelt werden konnte. Damit dürfen die mutmaßlichen Exzesse auch im Disziplinarverfahren keine Rolle spielen - trotz zahlreicher Zeugen.
Wieselthaler selbst ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet. Fest steht, dass es bereits 2018 ein Beschwerdeschreiben an den damaligen Innenminister Herbert Kickl gab. Wieselthaler wurde erst ein Jahr später damit konfrontiert - und bestritt alle Vorwürfe.
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