Innenminister Karl Nehammerappellierte bereits bei seiner Antrittsrede an die fünf Sektionschefs und mächtigen Beamten im Ressort: „Ich möchte kein Klima der Anzeigen- und Strafrechtskeulen.“
Doch alles vergebens.
Nicht einmal drei Wochen später wurde – nach einer Anzeige – Andreas Wieselthaler, der Leiter des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung (BAK), in die Sektion IV zwangsversetzt. Statt bestechliche Personen in und außerhalb der Beamtenschaft zu jagen, muss Wieselthaler nun ein kleines IT-Projekt beaufsichtigen. Zumindest bis alle Vorwürfe gegen ihn geklärt sind.
Anfang Dezember – als die Affäre um den peinlichen Notruf des steirischen Vize-PolizeichefAlexander Gaisch („Wadln vire richten“) medial aufschlug – reichte es offenbar einem BAK-Mitarbeiter. Nachdem bereits einige Spitzenkräfte des Amtes in den vergangenen Monaten – offensichtlich auch wegen Wieselthalers Amtsführung – ihren Schreibtisch mehr oder weniger freiwillig geräumt hatten, schrieb wieder ein Beamter ein kleines Konvolut, auch an den KURIER.
Viele Vorwürfe
Auf vier Seiten werden darin zahlreiche Vorwürfe erhoben, etwa dass Wieselthaler angeblich in seinem Büro oft halbnackt im Bademantel sitzen würde. Auch soll es dubiose Neubesetzungen geben und der BAK-Chef soll andere Spitzenbeamte des Innenministeriums vor versammelter Menge mit Schimpfworten bedacht haben.
Außerdem soll eine Mitarbeiterin mit ihm dienstlich Bärlauchpflücken gegangen sein, was sie aber nicht als Arbeitszeit abrechnen durfte, wird moniert. Auch sollen Journalbeamte den BAK-Chef angeblich in der Dienstzeit vom Flughafen abholen haben müssen.
Der Konvolutschreiber ortet dabei auch möglicherweise strafrechtlich relevante Vorgänge. Wieselthaler bestreitet alle Vorwürfe vehement, kommentieren möchte er die Vorwürfe aber nicht.
Elf Zeugen sollen ihn laut KURIER-Informationen allerdings in der „Bademantel-Affäre“ belasten.
Viel Misstrauen
Die Causa offenbart aber vor allem noch etwas: Im Ressort ist die Stimmung weiterhin mehr als angespannt, es gibt tiefe Risse. Die Spitzenkräfte der einzelnen Ämter (siehe Grafik) sollen einander misstrauen, sagen viele Insider.
Manche sprechen von „einem Häuserkampf wie in Bagdad“. Die Nachbeben der Razzia im Verfassungsschutz wollen nicht abebben. Auf Nehammer und seinen Generalsekretär Helmut Tomacwartet deshalb noch viel Arbeit im eigenen Haus.
Die Kultur des Anzeigens bei geringsten Fehlern erlebte in der Ära Herbert Kickl vor allem unter dessen pedantischen Generalsekretär Peter Goldgrubereinen Höhepunkt. Viele der Fälle wurden nie öffentlich bekannt, aber viele erfolgreiche Spitzenkräfte waren davon betroffen.
Das meiste davon wurde eingestellt, doch das Misstrauen untereinander ist geblieben. Ermittelt hat dazu eben oft auch das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung.
Nicht wenige Ressortinsider meinen, dass Rochaden bei Spitzenkräften derzeit möglicherweise kein Fehler wären. Doch Nehammer will offenbar nicht in den Geruch des Umfärbens kommen, weshalb vorerst keine großen Umbesetzungen geplant sein dürften, wie man hört.
Ausgeschrieben wird aber bald der seit vielen Monaten vakante Posten des Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit (GD) und der des niederösterreichischen Landespolizeidirektors. Während für letzteren Franz Popp absoluter Favorit ist, ist das Rennen um den GD völlig offen. Immer wieder als geeignet genannt wird vor allem der Wiener Landespolizeivizepräsident Franz Eigner.
Viel schwieriger wird der Umbau des Bundesamts für Verfassungsschutz. BVT-Chef Peter Gridlingwird wegen seiner Verdienste bleiben, für seinen Vize Dominik Fasching könnte es eng werden. Fasching galt lange Zeit als neuer Direktor unter der FPÖ-Führung und ist damit punziert. Als Personalreserve für BVT-Spitzenfunktionen gilt etwa Niederösterreichs oberster Landes-Verfassungsschützer Roland Scherscher.
Intern tobt auch weiterhin der Kampf darum, ob für Spitzenpositionen künftig ein Jus-Abschluss zwingend notwendig sein soll. Bundeskriminalamtschef Franz Lang etwa ist kein Jurist, bekam den Job aber quasi per Ausnahmeregelung. Die Polizei-Offiziere verweisen auf dieses Vorbild und ihre Praxis-Erfahrungen – sie wollen auch etwa den Posten eines Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit übernehmen können.
Zumindest im Fall des niederösterreichischen Polizeidirektors wurde kein Jus-Studium mehr verlangt. Ob das beim GD vorgeschrieben sein wird, sorgt für Spannung.
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