Zu große Autos: Diese Art zu parken soll bald verboten werden
Die neuen Regeln für Radfahrer, die die geplante Novelle der Straßenverkehrsordnung mit sich bringt, sorgen seit Wochen für Aufregung. Eine andere Neuerung, die vor allem Städte vor eine Herausforderung stellt, wäre dabei fast unter den Tisch gefallen.
Die von der grünen Verkehrsministerin Leonore Gewessler angestrebte Novelle sieht vor, dass parkende Pkw künftig in keinem Fall mehr auf Gehsteige oder Radwege ragen dürfen.
„Das Hineinragen von Teilen des aufgestellten Fahrzeugs auf Verkehrsflächen, die dem Fußgängerverkehr oder dem Fahrradverkehr vorbehalten sind, ist verboten“, heißt es im Wortlaut. Ausgenommen sind nur ein „geringfügiges Hineinragen“ etwa eines Seitenspiegels oder eine Stoßstange sowie Ladetätigkeiten von zehn Minuten.
Das heißt im Klartext: Das Schrägparken im verbauten städtischen Gebiet wird – so die Novelle im Juli den Nationalrat passiert – der Vergangenheit angehören. Denn klar ist: In allen Fällen, in denen ein Pkw nicht längsparkt, gibt es den besagten Überhang (etwa der Motorhaube) auf den Gehsteig.
Von schräg zu längs
Was das für die Parkplatzsituation bedeutet, lässt sich exemplarisch an Wien vorrechnen. Insgesamt gibt es laut Stadt 115.423 Schrägparkplätze – all jene von ihnen, die an einen Gehsteig oder einen Radweg grenzen, fallen der Neuregelung zum Opfer. Rund zwei Drittel – vor allem jene in Innenstadtbezirken – seien betroffen, schätzt man in der Stadt.
Was man mit den Flächen tun kann? Sie in Längsparkplätze umwandeln. Die Zahl der Pkw, die dann dort Platz finden kann, ist jedoch um ein Drittel geringer als die bestehende.
Für drei besonders stark betroffene Wiener Bezirke gibt es sogar exakte Zahlen, die Wiener Standortanwalt Alexander Biach erheben ließ: In Margareten gibt es derzeit 3.113 Schrägparkplätze, durch die Neuregelung wären es 1.132 weniger. Das ist ein Minus von 38 Prozent. In der Inneren Stadt gehen 917 Parkplätze (minus 38 Prozent) verloren, in der Josefstadt sind es 181 Parkplätze (minus 27 Prozent). Das ergeben genaue Analysen mittels Stadtkarten. Biach spricht von einer regelrechten „Bedrohung“ für den Verkehr in den Bezirken.
Diät für die Autos?
Weshalb sich Gewessler des Themas überhaupt annimmt? Weil die Autos immer größer werden – und damit der Überhang auf die Gehsteige zunimmt. „Es geht nicht darum, dass die Fahrbahnen oder die Parkplätze zu eng sind, sondern dass der Platzverbrauch der Autos zugenommen hat“, sagt Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ).
Bei fast allen Marken und Modellen sind die Autos länger, breiter und schwerer geworden. Allein die Breite bei den Pkw-Neuzulassungen ist innerhalb von 20 Jahren um fast zehn Zentimeter gewachsen: von 1,722 Metern im Jahr 2001 auf 1,811 Meter im Jahr 2020.
Das Verparken von Gehsteigen berge Gefahren, sagt Gratzer. „Fußgänger mit Kinderwagen oder Rollatoren weichen vermehrt auf die Fahrbahn aus und setzen sich somit wieder dem Straßenverkehr aus.“ Daher brauche es eine „Diät für die Autos“, sagt Gratzer: Vorgaben für die Hersteller, die die Größe und das Gewicht neuer Autos limitieren, also. Oder eben die geplante StVO-Novelle.
Kritik von der Stadt
Kritik an Gewesslers Plänen kommt hingegen von der Stadt Wien: Schon jetzt würde man bei allen Schrägparkplätzen einen „Fahrzeugüberhang“ von einem halben Meter einkalkulieren. Nur, wenn der Gehsteig dennoch auf einer Breite von mindestens zwei Metern frei bleibe, lasse man Schrägparkplätze überhaupt zu, heißt es aus der zuständigen MA 46.
Probleme gebe es hingegen nur ganz selten – etwa mit Lieferwägen. Gewesslers Neuregelung kritisiert man daher als „überschießend“: „Da schüttet man das Kind mit dem Bade aus.“
Der ÖAMTC sieht „Schikanen einzelner Verkehrsteilnehmer“. Die StVO-Novelle dürfe nicht für eine „versteckte“ Verkehrspolitik genutzt werden, in diesem Fall zur Reduzierung der Parkflächen.
Eine telefonische Anfrage des KURIER im Verkehrsministerium blieb am Montag unbeantwortet.
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