Die Folge: Pädagogen klagen über die schwierigen Rahmenbedingungen, Eltern schicken, sofern es ihnen finanziell möglich ist, ihren Nachwuchs vermehrt in Privatschulen, die Lehrergewerkschaft schreit auf. Über all das wird seit Wochen berichtet.
Deutsch nicht als Alltagssprache
Was aber auch klar ist: Der Familiennachzug verschärft die Situation dabei zwar, ist aber längst nicht die einzige Herausforderung an den Schulen. Das unterstreichen mehrere Statistiken. Am Montag veröffentlichte die Agenda Austria etwa neue Zahlen - es handelt sich dabei um eigene Berechnungen auf Basis der Statistik Austria.
Demnach würden knapp 70 Prozent der Wiener Pflichtschüler Deutsch nicht als die im Alltag hauptsächlich gesprochene Sprache angeben. Deutlich besser ist der Wert an Höheren Schulen, dort sind es nur 40 Prozent.
Zum Vergleich: Den geringsten Wert hat Kärnten: Dort sprechen nur 20,5 Prozent der Pflichtschüler im Alltag hauptsächlich eine andere Sprache, auf höheren Schulen sind es gar nur 13,4 Prozent.
Das Problem an Zahlen ist, dass sie eben nur Zahlen sind und keinen Hintergrund mitliefern. Sprich: Nur weil man im Alltag nicht vorwiegend Deutsch spricht, bedeutet das nicht automatisch, dass man Probleme in der Schule oder mit Deutsch hat, das räumt auch die Agenda Austria ein. Allerdings, heißt es dort, sei "ein gewisser Zusammenhang nicht zu übersehen."
Erstklässler, die dem Unterricht nicht folgen können
Aussagekräftiger sind die Zahlen, die aus einer Anfragebeantwortung von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) an die Wiener ÖVP hervorgehen. Erhoben wurde, wie viele Erstklässler außerordentliche Schüler sind. Also Kinder, die dem Unterricht noch nicht folgen können - weil sie zum Beispiel noch nicht genug Deutsch sprechen. Diese Zahlen beziehen sich zwar auf das vorhergegangene Schuljahr 2022/2023, von einer Besserung ist allerdings nicht auszugehen.
In fünf Wiener Bezirken waren damals weit mehr als die Hälfte der Tafelklassler als außerordentliche Schüler eingestuft. Margareten ist dabei Spitzenreiter, dort sind es 68,1 Prozent. Dabei handelt es sich nicht nur um Kinder, die erst kürzlich nach Österreich gekommen sind. Denn die meisten der außerordentlichen Schülerinnen und Schüler, nämlich 57,89 Prozent, sind schon hier geboren, fast drei Viertel haben mindestens zwei Jahre den Kindergarten besucht.
Konsequenzen für Eltern angedacht
In absoluten Zahlen: Von 20.030 Erstklasslern in Wien waren vergangenes Jahr 7.145 außerordentliche Schüler. Diese haben, auch das steht in der Anfragebeantwortung, den Kindergarten durchschnittlich 2,76 Jahre lang besucht. Und hier schließt sich wohl der Kreis zum Thema Alltagssprache.
Die Wiener ÖVP schließt aus all dem "ein Totalversagen der Bildungs- und Integrationspolitik von SPÖ und Neos", wie Landesparteiobmann Karl Mahrer und Bildungssprecher Harald Zierfuß erklären. Christoph Wiederkehr hat am Montag einmal mehr bekräftigt, das Problem der fehlenden Deutschkenntnisse angehen zu wollen. Als Konsequenzen für säumige Eltern zieht er eine Kürzung der Sozialleistungen oder Geldstrafen in Betracht.
Für alle Kinder, die über die Familienzusammenführung nach Wien kommen, gibt es eine eigene Vorgangsweise, wie die Bildungsdirektion erklärt: Die Kinder werden gemeinsam mit ihren Erziehungsberechtigten zu einem Orientierungsgespräch eingeladen. Dabei werden schulische Vorerfahrungen, der Alphabetisierungsstand und weitere für den Schulalltag wichtige Informationen erfasst und ein erster Eindruck gewonnen. So werden sie etwa vor dem regulären Schulbesuch in Orientierungsklassen unterrichtet.
Es bleibe aber dabei, dass Integration eine gesamtösterreichische Verantwortung ist und es auch bundesweite Lösungen brauche, heißt es aus der Bildungsdirektion.
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