Kritik an Bundesregierung
Wiederkehr schlug in diesem Zusammenhang verpflichtende Deutschkurse für Kinder vor, deren Eltern sich weigern, sie an den bestehenden Angeboten teilnehmen zu lassen. Halten sich die Eltern weiter nicht daran, könnten Geldstrafen oder eine Kürzung der Sozialleistungen drohen.
"Wer in Wien lebt, dem muss klar sein, dass Deutsch zu lernen nicht optional ist, sondern Pflicht. Wer in Wien lebt, dem muss klar sein, dass Pädagoginnen und Pädagogen respektiert werden. Und wer in Wien lebt, dem muss klar sein, dass Gesetze vom Staat gemacht werden und nicht von Gebetsbüchern", sagte Wiederkehr.
Wiederkehr will mit dem Projekt "Prinzip Wien" nun evaluieren lassen, wie man gemeinsame Werte in der Stadt umsetzen kann - eigentlich hatte er das schon im vergangenen Herbst auf Bundesebene vorgeschlagen. "Seit meinem Appell ist nichts passiert, außer, dass eine scheinheilige Debatte über eine sogenannte Leitkultur losgetreten wurde. Dieser unseriöse Diskurs ohne den klaren Blick in eine gemeinsame Zukunft steht für mich sinnbildlich für die Politik der ÖVP - eine Politik der Anstandslosen."
"Kodex" ohne Konsequenzen
An zweiter Stelle im Ranking der Agenda Austria steht Vorarlberg: An den Pflichtschulen haben 35 Prozent eine nicht-deutsche Alltagssprache.
Aus dem Büro der zuständigen Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink heißt es, dass die Sprachförderung entsprechend den Bundesvorgaben umgesetzt werde – gemeint sind damit die Deutschförderklassen. Schwierig sei es immer dann, wenn seitens der Eltern keine Unterstützung beim Erlernen der Sprache möglich, wird erklärt. Und bei Kindern, die „quer“ ins System kommen, nicht oder nur rudimentär beschult sind – etwa Flüchtlinge.
Der Vorschlag aus Vorarlberg: eine „Übergangsbeschulung, sodass die Kinder und Jugendlichen nicht nur Sprachunterricht in Deutsch bekommen, sondern auch in der sozialen Integration unterstützt werden, damit sie im Klassenverband auch tatsächlich ’ankommen’ und ihre Traumata aufarbeiten können“.
Und die Bundesregierung?
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) erklärt gegenüber dem KURIER, dass die Stadt Wien seit Herbst bei organisatorischen und rechtlichen Fragen unterstützt wird, weil deren Schulsystem durch den Familiennachzug von Asylberechtigten besonders stark belastet ist. Die Ressourcen für die Deutschförderung seien um 30 Prozent auf 40 Millionen Euro aufgestockt worden.
Darüber hinaus würden für die Wiener Schulen auch Schulsozialarbeiter bereitgestellt und zuletzt aufgestockt. Zugute komme den Schulen auch ein Programm zur Lernhilfe in Kooperation mit NGOs im Umfang von 14 Millionen Euro. Um die Kommunikation mit Eltern zu unterstützen, die nicht Deutsch als Erstsprache haben, gebe es ein Programm zum Videodolmetschen.
"Es ist unser erklärtes Ziel, mit gezielter Unterstützung, wo es möglich ist, für ein optimales Lernumfeld und mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen", sagt Polaschek. Das gelte natürlich auch für andere Bundesländer.
Die Rückmeldungen von Lehrerinnen und Lehrern, die das Bildungsministerium bisher erreicht haben, seien "ermutigend", so Polaschek, "und beweisen, dass sich unsere Maßnahmen positiv auf die Integration der Schülerinnen und Schüler auswirken.
Vorstöße aus Bundesländern wie Niederösterreich, eine Deutschpflicht am Schulhof umzusetzen (laut schwarz-blauem Regierungspakt, siehe hier), beurteilt Polaschek positiv: "Wenn sich eine Schulgemeinschaft im Sinne der Schulautonomie dazu entschließt, auch auf dem Pausenhof darauf zu achten, dass sich alle gut miteinander verständigen können, ist das mit Sicherheit ein guter Beitrag für das Miteinander an unseren Schulen."
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