Die schulische Abwärtsspirale: Ein Problem für ganz Österreich

Islamisches Realgymnasium Wien
Sieben von zehn Pflichtschülern sprechen in Wien im Alltag nicht deutsch. Das wird mittlerweile für ganz Österreich zum Problem.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

„Ich kann das, was von mir verlangt wird, nicht mehr leisten.“ Eine Pflichtschullehrerin aus Wien hat ihr Schweigen gebrochen und gegenüber dem KURIER offengelegt, warum sie nicht mehr kann, warum sie aus dem von ihr so geliebten Schuldienst ausscheiden wird. Ihre Schilderungen machen fassungslos.

Sie erzählt von ihrer Klasse, in der rund 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler zu Hause eine andere Muttersprache als Deutsch sprechen. Dazu komme der zuletzt immer wieder besprochene Familiennachzug von meist syrischen Flüchtlingen, der die Situation weiter verschärfe. Bis hin zu einer Radikalisierung einiger muslimischer Jugendlicher seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dem Beginn des Gaza-Krieges.

Wer diese Geschichte als Einzelfall in einem Problembezirk abtun will, der liegt komplett falsch. Das zeigen Berechnungen des Instituts Agenda Austria, die am Montag veröffentlicht worden sind. Demnach bewegt sich der Anteil von Jugendlichen mit nicht-deutscher Alltagssprache an den öffentlichen Schulen in Wien bei fast 70 Prozent. Das zieht sich bis auf wenige „privilegierte“ Pflichtschulen durch die ganze Stadt. In den restlichen Bundesländern sind es zwischen 20 und 35 Prozent.

Jetzt wäre es natürlich einfach, mit dem Finger auf die rote Bundeshauptstadt zu zeigen und sie mit dem Problem alleinzulassen. Nach dem Motto: selbst verschuldet. Immerhin hat Wien gerade im Asylbereich im Vergleich mit den anderen Bundesländern einen eigenen Weg eingeschlagen und war bei den Sozialleistungen großzügiger als der Rest von Österreich. Dass das den Zuzug von Flüchtlingen in die große Stadt verstärkt hat, ist nicht wegzuleugnen. Nicht ohne Grund fordert seit einiger Zeit der pinke Stadtrat Christoph Wiederkehr eine Residenzpflicht für Asylberechtigte, damit sie in den Bundesländern bleiben müssen und sich nicht nach Wien aufmachen können.

Der Bund, in erster Linie das von der ÖVP geführte Bildungsministerium, kann und darf sich deswegen aber nicht wegducken. Wenn das Schulsystem in Wien die Anforderungen nicht mehr bewältigen kann und gar kollabiert – die 70 Prozent sind mehr als ein Anzeichen dafür –, dann hat ganz Österreich ein Problem. Dann wächst in der Bundeshauptstadt eine Generation heran, die zum Vorwärtskommen Österreichs wenig beitragen wird können. Und bei der ein Abdriften in eine Radikalität jeglicher Art zu befürchten ist. Die Stadt Wien und das Bildungsministerium sind jetzt akut gefordert, über die Parteigrenzen hinweg diese Schulkrise gemeinsam zu benennen und auch gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Trotz des bevorstehenden Nationalratswahlkampfs und noch vor den großen Sommerferien.

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