Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) zu den Lehrer-Impfungen und warum es um seine Idee der verpflichtenden Elternsprechtage so ruhig geworden ist.
KURIER:Die rot-pinke Regierung ist 100 Tage alt geworden. Gibt es eine Sache, die völlig anders gelaufen ist, als Sie es sich beim Start vorgestellt haben?
Christoph Wiederkehr: Mich hat überrascht, wie entgegenkommend und loyal die Mitarbeiter in meinem Ressort waren. Es war eine sehr gute Übergabe von Jürgen Czernohorszky an mich, wo er auch den Wissensstand weitergegeben hat. Darauf kann ich aufbauen.
Nun wird in Wien das pädagogische Personal geimpft. Immer wieder ist aber von Pannen beim Anmeldesystem zu hören. Sind Sie zufrieden mit dem Ablauf?
Die Nachfrage ist sehr hoch. Es wollen sich mehr impfen lassen, als ursprünglich angenommen. Mittlerweile sind es schon 39.000. Wir schaffen jetzt zusätzliche Termine. Damit ist garantiert, dass alle Lehrpersonen bis Ostern die erste Impfung bekommen. Letzte Woche wollten innerhalb weniger Stunden mehr als 30.000 Personen einen Termin buchen. Dass da manche Fehler auftreten, ist verständlich. Die meisten konnten wir aber zum Glück beheben.
Immer wieder mussten zuletzt Schulen und Kindergärten wegen Corona-Cluster gesperrt werden. Ist man mit der Öffnung den falschen Weg gegangen?
Die Öffnung war dringend notwendig und richtig. Nicht nur für den Lernerfolg, sondern für die psychosoziale Gesundheit der Kinder und Jugendlichen. Wir haben in den Schulen ein sehr engmaschiges Sicherheitsnetz gespannt. Jeder Standort, der kurzzeitig geschlossen wird, ist eigentlich eine positive Nachricht, weil wir herausgefunden haben, wo ein Cluster entsteht.
Nichts wurde es bis dato mit Ihrer Forderung nach einem verpflichtenden Besuch von Elternsprechtagen. Hat Sie die SPÖ zurückgepfiffen?
Das stimmt ganz und gar nicht. Die SPÖ hat die Idee sogar begrüßt. Ich wollte eine Diskussion anstoßen. Sinnvollerweise müsste man aber gemeinsam mit dem Bildungsministerium anschauen, wie mögliche Sanktionen aussehen könnten. Was ich hier in Wien machen kann, ist, Elternarbeit stärker einzufordern. Über ein Förderprogramm, mit neuen Projekten, bei denen sie stärker am Schulstandort präsent sind. Dazu gehört auch die Sprachbildung der Eltern und der digitale Elternsprechtag.
Das Bildungsprogramm wirkt wie die Fortführung der bisherigen SPÖ-Konzepte. Wo sind die pinken Akzente?
Es gibt viele neue Projekte. Etwa, dass jede Schule eine Verwaltungskraft bekommt oder die stärkere Sprachförderung im Kindergarten. Wir wollen mit einem großen Reformprogramm nach der Pandemie die Wiener Schulen zu den besten des Landes machen. Daran möchte ich mich messen lassen. Derzeit befinden sie sich im Mittelfeld, wenn es um die Fähigkeit zu lesen, zu schreiben und zu rechnen geht. Dieser Prozess ist aber kein Sprint, sondern ein Marathon. Es ist mit rund zehn Jahren zu rechnen, bis man die Ergebnisse sehen wird.
Sie haben eine Whistleblower-Plattform präsentiert. Wurden dort schon Fälle von Korruptionsverdacht gemeldet?
Es gibt bereits Zuschriften und Hinweise. Wie viele, kann ich jetzt noch nicht bekannt geben und auch nicht, worum es sich gehandelt hat. Wir müssen uns die Fälle erst in aller Ruhe und gewissenhaft ansehen.
Gegen den Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy wird im Zusammenhang mit einem Bauprojekt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Ist er in seinem Job noch tragbar?
Es ist wichtig, dass die Justiz in Ruhe und ohne Zwischenrufe ermitteln kann. Das unterscheidet uns in der Stadtregierung ganz stark von der ÖVP, die bei Ermittlungen gleich der Justiz die Schuld gibt.
Thema Klimapolitik, die den Neos sehr wichtig ist: Es wird kritisiert, dass es mit dem Ausscheiden der Grünen aus der Regierung Rückschritte gibt. Das zeige sich etwa bei der Umgestaltung der Praterstraße oder bei der Ausdünnung der Öffi-Intervalle. Überlassen Sie hier das Feld der SPÖ?
Das Gegenteil ist der Fall, wie etwa das Beispiel Praterstern zeigt. Er bekommt jetzt mehr Grünflächen, als ursprünglich geplant war. Wir haben weiters diese Woche die größte Fotovoltaik-Anlage Österreichs vorgestellt. Zur Praterstraße: Hier braucht es eine nachhaltige Lösung und keine Pop-up-Konstrukte. Und nachhaltige Projekte erfordern ein bisschen Zeit, da kann man nach 100 Tagen noch kein Urteil fällen.
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