Wie sich das Stadtleben in Wien bei 35 Grad verändern wird
Langsam hat sie sich angebahnt: Mit prognostizierten 36 Grad erreicht die Hitzewelle in Europa heute endgültig auch Wien – und das wird nicht nur zu fühlen, sondern auch zu sehen sein.
Von der Bildfläche verschwinden werden etwa die Fiaker. Die 270 Pferde haben ab 35 Grad nämlich hitzefrei. Und das, obwohl ihre Hauptklientel, die Touristen, sich laut Wien Tourismus von der Hitze nicht von einem Städtetrip abhalten lassen werden.
Die Sommermonate Juli und August sind in Wien traditionell die aufkommenstärksten Monate des gesamten Jahres – egal, ob es heiß ist oder nicht. In den kommenden Wochen werde aber mit mehr Gästen aus dem arabischen Raum gerechnet als normalerweise.
Das liegt unter anderen daran, dass es viele neue Direktflüge gibt. Etihad fliegt zum Beispiel seit Juli fünf Mal wöchentlich von Abu Dhabi nach Wien. „Außerdem betrachtet das arabische Publikum das, was wir als Hitzewelle empfinden, noch als gemäßigt“, sagt „Wien Tourismus“-Sprecher Walter Strasser.
Klimatisierte Öffis
Unterschiedlich wirkt sich das Wetter auf Taxis und Öffis aus. Bei den Wiener Linien rechnet man nicht mit mehr Fahrgästen. Bei den Taxi-Anbietern wird hingegen von einer starker Nachfrage ausgegangen – vor allem gebrechliche oder ältere Personen würden Taxis bei Wetterextremen vermehrt für Arztbesuche oder Besorgungen nutzen.
Für Öffi-Fahrer sind kurze Hosen übrigens erlaubt, bei den Taxis ist der Gesetzestext Auslegungssache. Beim Anbieter 40100 müsste etwa mit langer Hose gefahren werden, heißt es auf KURIER-Anfrage. Das sei aber kein Problem, weil alle Autos eine Klimaanlage hätten. Bei den Wiener Linien trifft das nur zum Teil zu. Die Busflotte und die Linie U6 sind zu 100 Prozent klimatisiert. Im Straßenbahnbetrieb sind es knapp 60 Prozent aller Fahrten, bei den restlichen U-Bahn-Linien (U1 bis U4) steigt man bei zwei von drei Fahrten in einen klimatisierten Wagen.
Dabei wird man teils auf leger angezogene Menschen treffen: Laut Arbeiterkammer kann der Arbeitgeber bei extremer Hitze bestehende Bekleidungsvorschriften lockern – das Weglassen der Krawatte, das Tragen kurzer Hosen oder leichtere Schuhe sei dann erlaubt. Ausgenommen seien Bereiche, in denen Uniformen und Schutzkleidung verpflichtend sind.
Hitzefrei auf Baustellen
Ab 32,5 Grad Celsius können Arbeitgeber außerdem laut Gesetz auf Baustellen hitzefrei geben. Die Entgeltfortzahlung von 60 Prozent müssen die Unternehmen dabei nicht selbst tragen – darum könnten einige Baustellen still stehen.
Während in Großbritannien schon Geschwindigkeitsbegrenzungen für Züge eingeführt werden, um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass sich die Schienen in der Hitze verziehen, ist das in Österreich noch kein Thema.
In den vergangenen zehn Jahren hat es keine einzige Entgleisung durch Gleisverwerfungen gegeben, heißt es bei den ÖBB. Bei Extremwettereignissen werden sensible Stellen aber gesondert inspiziert. Schwachstellen merze man schon im Vorfeld aus. Den Wiener Linien sichern stark beanspruchte Stellen mit Schotter ab.
Der Gesundheitsverbund ist noch nicht in Alarmstimmung: Eine besondere Vorbereitung in Hinblick auf Versorgungskapazitäten in den Spitälern sei derzeit nicht nötig, heißt es. Die Mitarbeiter seien aber auf das Erkennen hitzebedingter, gesundheitlicher Probleme geschult.
Bei der Caritas blickt man den kommenden Tagen weniger gelassen entgegen. Gerade für obdachlose Menschen, die keine Rückzugsorte haben, wird eine vergrößerte Gefahr von Sonnenstichen und Hitzeschlägen befürchtet. Gemeinsam mit 19 Pfarren in Wien und Niederösterreich wurden darum „Klimaoasen“ ins Leben gerufen. Dort gibt es schattige Plätz, Getränken und Snacks für Obdachlose, Armutsbetroffene und Geflüchtete.
Obst statt Fleisch
Bei Rewe verzeichnet man große Umsätze bei Speiseeis, Wassermelonen, geschnittenem Obst oder Mineralwasser. Bei länger anhaltenden Hitzeperioden gebe es aber Umsatzeinbußen bei alkoholischen Getränken und bei Grillgut.
Statt mit offenem Feuer zu hantieren, gehen die Leute eben lieber schwimmen. Die Gästeanzahl steige jeden Tag, heißt es bei den Wiener Bädern. Wer Abkühlung will, muss schnell sein: 70.000 Menschen können gleichzeitig in die Bäder der Stadt.
Wer keinen Platz ergattert, sollte zumindest mit Eis gut versorgt sein. Laut Wirtschaftskammer Wien laufen die Eismaschinen derzeit auf Hochtouren, damit in den nächsten Tagen genug Gefrorenes bereitsteht.
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