Wie geflüchteten Frauen geholfen wird, in Österreich Fuß zu fassen
„Als Frau hat man keine Rechte. Ich wollte Freiheit, ich wollte nicht die Burka tragen, ich wollte Ärztin werden und helfen“, erzählt die 28-jährige Afghanin Salgy. Wenn sie über ihr Leben in ihrer ehemaligen Heimat erzählt, fällt immer wieder ein Wort: „Schwierig.“ Es war schwierig, in Afghanistan eine Ausbildung zu machen oder überhaupt das Haus zu verlassen.
Schließlich entschloss sie sich, gemeinsam mit ihrem Mann zu flüchten. Seit 2016 lebt sie nun in Wien, und auch hier gestaltet sich der Alltag oft schwierig: etwa, eine Wohnung oder einen Job zu finden. Der Integrationsfonds (ÖIF) unterstützt daher auch gezielt Frauen, damit sie hier Fuß fassen können.
„Wir sind die erste Anlaufstelle bei einem positiven Asylbescheid“, erklärt Sonia Koul, Leiterin der Frauenförderung im ÖIF. „Wir bieten Werte- und Orientierungskurse, organisieren Plätze in Deutschkursen und helfen zu verstehen, wie etwa Versicherungen oder Ämter in Österreich organisiert sind.“
Ein "Safe Space" für Frauen
Doch es geht nicht nur darum, sich im neuen Land zu orientieren – oft sind es auch persönlichere Probleme, bei denen Hilfe nötig ist: etwa bei gynäkologischen Themen, bei Fragen zu Kinderbetreuung, zu Scheidung und Gewalt in der Familie, aber auch zu speziellen Ausbildungen und Förderungen für Frauen. „Wir wollen einen ,Safe Space‘ für Frauen bieten: einen Raum, in dem sie über alles sprechen können“, beschreibt Koul.
Die 28-jährige Afghanin Salgy etwa ist seit einiger Zeit auf Jobsuche in Österreich. „In Afghanistan sind viele Frauen bei der Geburt gestorben, weil es nicht viele Ärzte gibt“, erzählt sie. Daher war es ihr Wunsch, Medizin zu studieren. Das war ihr in Afghanistan nicht möglich, sie konnte aber eine Ausbildung zur Hebamme absolvieren und auch in einem Krankenhaus mitarbeiten. Bis die Situation im Land immer gefährlicher wurde, ihr Mann telefonisch bedroht wurde und sie das Haus nicht mehr verlassen durfte.
"Will nicht nur zu Hause bleiben"
In Österreich hat sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern mittlerweile eine Wohnung gefunden. Doch sie ist seit längerer Zeit auf Jobsuche, ihre Ausbildungen aus Afghanistan werden hier nicht anerkannt. „Aber ich will nicht nur zu Hause bleiben, da wird man traurig und depressiv“, sagt Salgy.
Die Zahl afghanischer Staatsangehöriger ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Waren es im Jahr 2002 noch 2.100 in ganz Österreich, so waren es im Jänner 2022 bereits 45.120.
Gerade afghanische Frauen sind häufig von Arbeitslosigkeit betroffen: Während die Arbeitslosenquote bei Männern bei 14,6 Prozent liegt, beträgt sie bei Frauen 36,5 Prozent. „Man darf nicht vergessen, dass sie meist andere Bildungshintergründe haben als hier. Manche sind Analphabetin, andere sind traumatisiert vom Krieg, oder sie sind für die Kinder verantwortlich“, erklärt Kübra Erik, Community Managerin im Frauenzentrum des ÖIF.
Anonym und kostenlos
Wer immer Hilfe suche, jede und jeder sei willkommen, betonen Koul und Erik. Die Beratung sei anonym und kostenlos, auch Dolmetscherinnen gibt es. Und auch für Salgy haben sie schon einen Vorschlag parat: das Projekt „Kompass“, das seit Herbst des Vorjahres läuft. Gut ausgebildete Frauen stellen sich hier als Mentorinnen zur Verfügung, halten Bewerbungstraining und Coachings, etwa zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder zu Gehaltsverhandlungen. Ebenso gibt es Praktikumsplätze und Besuche bei größeren Unternehmen.
Salgy hofft nun, über diese Schienen einen Job zu finden. „Mir wurde hier viel geholfen und ich habe bisher keine Vorurteile erlebt“, sagt sie. Nun hofft sie, auch noch eine Arbeit zu finden – ein weiterer Schritt in Richtung Selbstbestimmtheit.
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