Wie Corona die Wiener Schulen ins Chaos stürzt
Seit zwei Wochen läuft die Schule wieder – und schon ist das Corona-Chaos perfekt. Die Corona-Verdachtsfälle häufen sich, doch wie damit umzugehen ist, überfordert Schüler, Lehrer und Direktoren.
Beispiele gefällig?
Ein Schüler eines Gymnasiums hat einen Coronafall in der Familie. Am Dienstag wird der Fall gemeldet, einen Test bekommt das Kind erst am Sonntag. Sechs Tage lang war der Schüler also ein Verdachtsfall für seine Schule.
Beispiel Nummer 2: Eine Lehrerin eines Wiener Gymnasiums unterrichtet eine Klasse mit einem Verdachtsfall. Sie will sich selbst testen lassen und ruft die Hotline für das sogenannte „Staff Testing“ an. Das ist eine von der Stadt Wien empfohlene Testreihe speziell für Mitarbeiter im Gesundheitsbereich und für Pädagogen. Die Lehrerin (ihr Name ist der Redaktion bekannt) hat einen Tag lang versucht, bei dieser Hotline eine Auskunft zu bekommen – vergeblich.
Viele Verdachtsfälle
Die Kritik von Lehrern und Direktionen am Corona-Management von Stadt und Bund wird immer lauter. Denn noch immer ist vielen unklar, welche Maßnahmen in welchen Situationen zu treffen sind. 198 Schüler waren mit Stand Freitag in Wien positiv auf das Coronavirus getestet worden – bei mehr als 239.000 Schülern. Auch 15 Lehrer hatten sich infiziert. Allerdings gibt es in manchen Wiener Schulen in bis zu einem Drittel der Klassen Corona-Verdachtsfälle.
Und wie mit denen umzugehen ist, ist unklar. Zwar gibt es einen Vorgehensplan von der Wiener Gesundheitsbehörde, aber der liefere zu wenig konkrete Information. „Jeder Direktor und jede Direktorin muss sich das selber zusammenreimen“, sagt eine Lehrerin, die anonym bleiben möchte, zum KURIER.
"Niemand hat den Überblick"
Die Direktoren sollen Entscheidungen treffen, für die sie sich vielfach nicht qualifiziert genug halten. Soll eine Klasse mit Verdachtsfall besser in Quarantäne gesteckt werden? Was spricht dafür, was dagegen? Was tun mit Geschwisterkindern? Wie sollen sich Lehrer verhalten, die Klassen mit Verdachtsfällen unterrichtet haben? Sollen sie sich testen lassen? Oder Masken tragen? Oder in freiwillige Selbstisolation begeben?
„Was es aktuell wirklich schwer macht, ist: Niemand hat mehr den Überblick, wann jemand daheim bleiben soll oder muss oder darf“, sagt ein Lehrer zum KURIER.
Bessere Kommunikation
In der Stadt Wien kann man die Kritik nicht nachvollziehen. Denn das Vorgehen sei klar geregelt: Verdachtsfälle werden abgesondert und getestet, für Klassenkollegen und Lehrkräfte gilt weiterhin Unterricht wie bisher. Ist ein Kind tatsächlich positiv, werden in der Regel die Klassenkollegen und der Lehrer als enge Kontaktperson eingestuft. Erst dann müssen sie für zehn Tage in Quarantäne und werden ebenfalls getestet.
Doch diese Informationen dürften nur mit Verzögerung in den Schulen ankommen. Und dort, so scheint es, agiert man übervorsichtig, um ja nichts falsch zu machen. Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) heißt es nun, dass man die „Kommunikationsabläufe weiter schärfen“ wolle.
Binnen 24 Stunden
Problematisch ist auch die lange Wartezeit auf die Testergebnisse. Laut einem Sprecher von Hacker dauert es im Schnitt 48 Stunden, bis der Abstrich abgenommen wird – und weitere 48 Stunden bis zum Ergebnis. Oft, wie auch eingangs erwähnt, dauert es aber deutlich länger.
Mit mobilen Test-Teams, die bereits bei Verdachtsfällen Klassenkollegen und Lehrer mittels Gurgeltests testen, soll es künftig binnen 24 Stunden gehen. Details dazu wollen Hacker und Bildungsminister Heinz Faßmann heute, Dienstag, präsentieren. Ausgewertet werden sollen diese Tests von den MedUnis.
Auch für Eltern von Volksschülern könnte es eine Erleichterung geben. Kinder unter 10 Jahren, die als Verdachtsfälle negativ getestet wurden, sollen laut Empfehlung des Gesundheitsministeriums weiter die Schule besuchen dürfen. Bisher mussten sie – wie alle anderen – in Quarantäne.
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