Weichenstellung beim Westbahnhof: Neue Gleise und Züge nach München
Die Eröffnung des weltweit ersten City-Ikea hat einen Ort in den Fokus gerückt, der zwar hoch geschätzt, aber zuletzt ein bisschen in Vergessenheit geraten ist: den Westbahnhof.
Als die ÖBB im Jahr 2015 ihren Fernverkehr auf den Hauptbahnhof verlegten, wurde es an dem einst so geschäftigen Tor aus dem Westen nach Wien stiller. Und das hält, wie der KURIER gestern berichtet hat, bis heute an.
Bald wird sich das wohl ein wenig ändern: Ab den kommenden Tagen dürfte der insgeheime Lieblingsbahnhof so vieler Wiener ein Stück der alten Betriebsamkeit zurückgewinnen. Und das hat nicht nur mit dem Möbelhaus zu tun.
Bereits am Montag startet bei der Öffi-Station vor dem Bahnhof zwischen den beiden Gürtelfahrbahnen ein großes Bauprojekt: Dort, wo die U6 hält und auf sechs Straßenbahnlinien trifft, werden insgesamt 22 Weichen und 1,9 Kilometer Gleise ausgetauscht.
Acht Stück beziehungsweise 700 Meter davon noch dieses Jahr, der Rest verteilt auf die nächsten fünf Jahre.
Einschränkungen in den Ferien
Die Arbeiten finden laut Wiener Linien großteils bei laufendem Betrieb statt. Nur in den Herbstferien ziehen sie Einschränkungen nach sich – und zwar für Öffi-Nutzer und Autofahrer.
Hauptbahnhof (10. Bezirk)
Von 2012 bis 2015 stufenweise in Betrieb genommen. Wien bekam damit den ersten Hauptbahnhof in der Geschichte. Sämtliche Fernverkehrszüge der ÖBB werden über das 109 Hektar große Areal geführt. In den zugehörigen, wachsenden Stadtteilen (u. a. Sonnwendviertel) leben und arbeiten 30.000 Menschen.
Bahnhof Meidling (12. Bezirk)
Weitere Zusteigemöglichkeit in ÖBB-Fernverkehrszüge und großer S-Bahn-Knoten. Hat seinen Ursprung in den 1840ern, 2009 generalsaniert.
Westbahnhof (15. Bezirk)
1858 eröffneter und ab 2009 generalsanierter Kopfbahnhof mit denkmalgeschützter Halle. Ausgangspunkt für Fernverkehrszüge der Westbahn und für Regionalzüge der ÖBB nach NÖ.
Wien Mitte (3. Bezirk)
1859 in Hochlage eröffnet und später tiefer gelegt. Ab 2007 neu ge- und mit einem Einkaufszentrum überbaut. S-Bahn-Knoten und Abfahrtsort des City Airport Trains (CAT) zum Flughafen.
Von 23. bis 26. Oktober können die Straßenbahnen 52 und 60 nicht zwischen Westbahnhof und Winckelmannstraße fahren. Als Ersatz wird die Buslinie E52 unterwegs sein. Im selben Zeitraum ist am Gürtel in Fahrtrichtung Süden auf der Höhe Mariahilfer Straße nur eine Spur frei.
Fahrplanwechsel
Weiteren Schwung wird eine Neuerung im Bahn-Fernverkehr bringen, die im Dezember anstehen dürfte: Wie der KURIER aus gut informierten Kreisen erfahren hat, wird die private Westbahn ab dem Fahrplanwechsel mit ihren eigenen Doppelstock-Zügen bis nach München fahren.
(Derzeit kann man zwar ein Ticket vom Westbahnhof in die bayerische Landeshauptstadt kaufen, muss aber in Salzburg in die Bayerische Regiobahn umsteigen.)
Seitens der Westbahn will man derartige Pläne weder bestätigen noch dementieren. Man werde aber demnächst mit weiteren Informationen an die Öffentlichkeit gehen, sagt eine Sprecherin.
Trendwende
Und der City-Ikea? Von dem sei sogar ein noch größerer Effekt zu erwarten als von zusätzlichen Zügen, sagt Alexander Biach, Standortanwalt in der Wiener Wirtschaftskammer: Das neue Möbelhaus „wird diesen Knotenpunkt beleben“, ist er überzeugt.
Laut einer Frequenzzählung der Wirtschaftskammer vom Juni, die dem KURIER vorliegt, sind beim U-Bahn-Abgang an der Ecke zum City-Ikea an einem durchschnittlichen Samstag 5.900 Personen unterwegs. Und an einem Donnerstag sogar bis zu 8.400.
Biach geht davon aus, dass diese Zahlen steigen werden: „Es werden sich sicher Leute in den Zug setzen und den Ikea anschauen“.
Das Möbelhaus ist für den Standortanwalt die „logische Fortsetzung“ der Bahnhofsoffensive, die in 2000er-Jahren von ÖBB und Bundesregierung gestartet wurde. Im Zuge dieser wurden mehrere Bahnhöfe modernisiert und mit Einkaufszentren aufgefettet, um für die ÖBB eine zusätzliche Einnahmequelle zu lukrieren: „Das war eine Trendwende“.
Eine derartige Trendwende könnte der City-Ikea auch für das Grätzel um den Westbahnhof – konkret für die äußere Mariahilfer Straße – sein. „Es können ja nicht alle Fleischbällchen essen“, sagt Biach. Mit Cafés oder anderen Lokalen im Umfeld könnte man für die vom Ikea angelockten Kunden zusätzliche Angebote schaffen.
Vergessenheit und Stille wären am Westbahnhof damit wohl endgültig passé.
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