Stadt-Ikea: Ärger um Verkehrsberuhigung kurz vor der Eröffnung
Die Verantwortlichen des Möbel-Riesen hatten wirklich an alles gedacht: einen zentralen Standort in Innenstadtnähe, ein innovatives Store-Konzept, Sicherheitsmaßnahmen gegen den ersten Andrang – und ziemlich viel PR. Einzig: Sie haben die Rechnung ohne die Stadtpolitik gemacht.
City-Ikea: ein Möbelhaus eröffnet mitten in der Stadt
Die verhagelt dem schwedischen Ikea-Konzern nämlich die gute Stimmung vor der Eröffnung der neuen Filiale beim Wiener Westbahnhof, die am morgigen Donnerstag über die Bühne geht. Schuld ist ein etwas verwirrender rot-roter Streit um das Verkehrskonzept im Grätzel.
Konkret geht es um die Verkehrsberuhigung, die Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (SPÖ) vergangenes Jahr mithilfe einer Bürgerbefragung erstellen ließ.
Denn der Stadt-Ikea bietet keine eigenen Parkplätze und keine Parkgarage – nur Fahrradbügel. Die Gefahr, dass Kunden im Grätzel parken, war also groß. Um das zu verhindern, wünschten sich die Bürger neue Parkverbote, Begegnungszonen, die Sperre von Durchfahrtsstraßen und viel neues Grün.
Eröffnung: Mit 10.000 Kundinnen und Kunden rechnet der Möbel-Riese pro Woche am Westbahnhof. Um den Ansturm – nicht nur coronabedingt – kontrollieren zu können, gibt es die Möglichkeit, auf ikea.at vorab ein Zeitfenster für den Eintritt zu buchen.
Der erste Zeitfenster am morgigen Eröffnungstag von 10 bis 10.30 Uhr ist bereits ausgebucht, für den restlichen Tag gibt es noch genügend freie Slots. Natürlich könne man auch spontan vorbei kommen, man müsse sich jedoch auf längere Wartezeiten einstellen, warnt das Unternehmen bereits auf seiner Website. Neu ist die Möglichkeit, seine Einkäufe zu Abholboxen liefern zu lassen, etwa nach Simmering oder Hütteldorf. Der Gastronomie will man mit Köttbullar Konkurrenz machen: Das Restaurant mit Dachterrasse ist auch am Sonntag geöffnet; über das im gleichen Gebäude angesiedelte Hostel Jo&Joe ist der Zutritt sogar bis 24 Uhr möglich.
Wichtig für Autofahrer: Am Donnerstag demonstrieren Klimaaktivisten ab 9.30 Uhr vor dem Ikea.
Provisorium
Da es noch dauern wird, bis alle Umbauten wirklich umgesetzt sind, fixierte man (gemeinsam mit der Stadt) provisorische Maßnahmen, die rechtzeitig vor der Ikea-Eröffnung fertig sein sollten: Schilder, Poller, Betonwände und neue Einbahnen sollten den Auto-Ansturm limitieren. Die Gasgasse sollte zur Einbahn werden, die Gerstnerstraße sollte verkehrsberuhigt werden.
„Wenn die Stadt nicht will, steht alles still, außer der Ikea-Verkehr. (Es ist ihr) egal, ob die Anrainer im Verkehr ersticken“
Das Problem: Auch das Provisorium sei nicht rechtzeitig fertig geworden, beklagt Zatlokal nun in einem (emotionalen) Facebook-Posting. Dieses sorgt für Wirbel, denn der rote Bezirkschef attackiert seine Parteikollegen in der Stadt frontal: „Wenn die Stadt nicht will, steht alles still, außer der Ikea-Verkehr“, schreibt Zatlokal.
Erst vorige Woche sei ihm mitgeteilt worden, dass das Provisorium nicht kommen werde. Die Stadt handle nach dem Motto „Wir wohnen ja nicht im Grätzl, deshalb ist es uns egal, ob die AnrainerInnen im Verkehr ersticken.“ Da er immer zu seinem Wort stehe, sehe er es als Verpflichtung, sich zu entschuldigen, schreibt Zatlokal. „Aus tiefstem Herzen.“
In der Stadt reagiert man verschnupft. Die zuständige Stadträtin Ulli Sima will sich auf KURIER-Anfrage nicht äußern. Sie verweist an den Vorsitzenden des Mobilitätsausschusses Erich Valentin (SPÖ). „Wenn der Bezirksvorsteher nichts Besseres zu tun hat, als um 2 Uhr in der Früh auf Facebook zu schreiben ...“, sagt Valentin zum KURIER. Er könne sich nicht erklären, was in der Kommunikation schief gelaufen sei. Denn es verlaufe doch „alles nach Plan“, meint er.
Einige Straßen seien nur noch nicht frei: Die Gerstnerstraße werde noch von einer Vertragsfirma von IKEA umgebaut – und die Gasgasse könne noch nicht zur Einbahn werden, weil dort (von 23. bis 26. Oktober) ein Ersatzbus der Wiener Linien fahre.
Sabotage: "Rot-Pink mobbt den Bezirk"
Ende August sollen provisorische Maßnahmen mit der MA 28 (Straßenbau) besprochen werden. Die genauen Pläne zur Begrünung des Areals präsentiert im Herbst Ulli Sima selbst.
Rückendeckung erhält der Bezirkschef hingegen von den anderen Fraktionen aus dem Bezirk. „Volle Unterstützung, ich stimme ihm voll und ganz zu“, sagt etwa Andreas Leszkovsky (Neos). „Er scheitert, weil er sabotiert wird. Weil er nicht auf Linie ist. Rot-Pink mobbt den Bezirk“, sagt Haroun Moalla (Grüne).
Tritt nicht mehr an
Tatsächlich legt sich Zatlokal immer wieder mit der Stadt an. So zeichnete er (gemeinsam mit dem 7. Bezirk) 2019 für den umstrittenen Gürtelpool verantwortlich. Als er ihn später in seinem Bezirk erneut aufstellen wollte, verhinderte das die SPÖ. Zuletzt scheiterte Zatlokal auch mit seinen Plänen für einen Pop-up-Park auf dem ÖBB-Areal.
Der gelernte Elektrotechniker ist seit 13 Jahren Bezirkschef. „Es wird meine letzte Amtszeit sein“, sagt er jetzt.
Kommentare