Vom Normalo- zum Trendviertel: Favoriten bekommt einen Superblock
Die alteingesessenen Favoritner sind ein bisschen neidisch auf die neuen Favoritner. Der Grund: Die Wohngebiete, die für die neuen Bezirksbewohner hochgezogen werden, strotzen nur so vor stadtplanerischen Innovationen.
Paradebeispiel dafür ist das Sonnwendviertel mit autofreien Zonen, Rasengleisen und dem großen Park im Zentrum. In älteren Grätzeln gibt es all das (so gut wie) nicht.
Doch das soll sich bald ändern – fürs Erste zumindest in Innerfavoriten.
Dort soll erstmals in einem bestehenden Wiener Viertel einer der trendigsten stadtplanerischen Ansätze umgesetzt werden, mit dem man bereits in Barcelona und bald auch in Berlin versucht, die Verkehrsprobleme der Lärm- und Abgasgeplagten Städte in den Griff zu bekommen: ein Superblock.
Das ist eine etwa 400 mal 400 Meter messende Einheit aus mehreren Häuserblocks. Der motorisierte Durchzugsverkehr wird aus dieser Einheit weitgehend oder sogar ganz ausgesperrt.
Zusätzlich werden die Straßen im Block für Radfahrer und Fußgänger attraktiver gemacht – etwa mit Fußgänger- und Begegnungszonen.
Und: Parkplätze werden gestrichen. Erklärtes Ziel ist, den Autoverkehr aus den Wohngebieten auf die Durchzugsstraßen zu verlagern.
Verwienertes Konzept
Genau so ein Superblock ist nun in dem 9,5 Hektar großen Bereich zwischen Gudrunstraße, Leebgasse, Quellenstraße und Neilreichgasse geplant. Wobei Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ) und seine Kollegen im Rathaus lieber „Supergrätzel“ dazu sagen.
Das Gebiet wurde auf Basis einer Studie der MA18 aus sechs Optionen ausgewählt. Es erfüllte die Kriterien, die es für einen funktionierenden Superblock braucht, am besten: hohe Bevölkerungsdichte, sehr gute Öffi-Anbindung, wenig Grün (und daher im Sommer viel Hitze).
Dazu kommt eine weitere Voraussetzung, die sich die Stadt selbst auferlegt hat: viele Kindergärten und Schulen im Block (das betroffene Gebiet hat sechs). Im rot-pinken Regierungspakt heißt es nämlich: „Mit sogenannten Supergrätzeln sollen vorrangig Straßen rund um Bildungseinrichtungen verkehrsberuhigt, entsiegelt und begrünt werden.“
Im Wien-Wahlkampf vor einem Jahr waren es allen voran die Grünen, die lautstark Superblocks für mehrere Bezirke forderten. In der Leopoldstadt wurde im Volkertviertel sogar ein Test-Superblock eingerichtet.
Nach dem Farbwechsel an der Bezirksspitze von Grün auf Rot wurde das Projekt aber nicht weiter verfolgt.
Info-Veranstaltung im Herbst
Ein grober Plan dafür, wie der Superblock in Favoriten gestaltet werden soll, wird den Anrainern bei einer Info-Veranstaltung voraussichtlich im September vorgelegt. Bis dahin soll auch feststehen, ob und welche Einbahnen geändert werden müssen.
Fix ist für Bezirkschef Franz jedenfalls, dass – im Unterschied zu Superblocks in anderen Städten – nur einige wenige Parkplätze gestrichen werden sollen.
Der Platz könnte zum Beispiel für Müllsammelinseln, die derzeit die Gehsteige verstellen, Sitzgelegenheiten oder Bäume genutzt werden – die Grätzelbewohner sollen hierbei mitreden. Denkbar ist für Franz auch eine Erweiterung der Fußgängerzone in der Erlachgasse entlang des Erlachparks.
Testphase 2022
Für nächsten Sommer ist eine Testphase geplant: An den Kreuzungen werden Betonleitwände so platziert, dass man mit dem Auto nicht mehr so einfach in das Gebiet fahren kann. Erlaubt ist das dann ohnehin nur noch Anrainern.
„Favoriten ist damit beispielgebend für die ganze Stadt“, sagt Franz. Woran er den Erfolg des Projekts festmachen will? Für ihn sei das Supergrätzel schon dann gelungen, wenn es etwa gelinge, den Straßenlärm zu minimieren, sodass die Bewohner nachts bei offenen Fenster schlafen können.
„Wir wollen die Lebensqualität der Menschen in allen Bezirken weiter erhöhen und vor allem auf den klimawandelbedingten Hitzeinseln reagieren“, sagt Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) dazu.
Im 3. Bezirk bekommen übrigens auch neue Zugezogene einen Superblock: Das derzeit in Bau befindliche „Village im Dritten“ zwischen den Aspanggründen und dem Gürtel wird sogar komplett autofrei gestaltet.
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