Mediziner und Spitäler weisen jede Schuld von sich, Kritik bleibt

Mediziner und Spitäler weisen jede Schuld von sich, Kritik bleibt
Wiener AKH-Chef: "Kind war nicht lebensfähig" - St. Josef-Krankenhaus: Patientin verließ Spital überstürzt. Patientenanwältin Pilz kritisiert AKH.

Nach dem Fall einer Schwangeren, die in zwei Wiener Spitälern nicht aufgenommen wurde, gibt es nun erste Konsequenzen. Wie am Wochenende berichtet, wurde eine junge Irakerin im August vom AKH ins St.-Josef-Krankenhaus geschickt, obwohl ihre Fruchtblase (in der 18. Schwangerschaftswoche) geplatzt war. Die Frau war nicht versichert und konnte sich die Behandlungskosten nicht leisten. Im St.-Josef-Krankenhaus sollte ein Sozialfonds die Kosten übernehmen. Doch bei der Überweisung kam es zum folgenschweren Fehler.

Großes Risiko

AKH-Chef Reinhard Krepler gibt sich nun selbstkritisch. Die Ärztin habe zwar rechtlich und fachlich alles richtig gemacht. Allerdings sei das Kind wohl nicht mehr zu retten gewesen, nachdem das gesamte Fruchtwasser abging. „Ein Kind in der 18. Woche ist nicht lebensfähig“, sagte Krepler. Trotzdem werde man in derartigen Situationen nicht mehr andere Spitäler suchen, sondern die Patientinnen künftig aufnehmen: „Das Risiko ist einfach zu groß, dass etwas passiert.“


Die Freunde der Irakerin erheben weiter schwere Vorwürfe gegen die Spitäler. „Die Frau hat Hilfe gebraucht. Anstatt ihr zu helfen, hat man immer nur nach Geld gefragt“, sagt Hasna Saad, die ihre Freundin die ganze Zeit über begleitete. „Bevor sie überhaupt untersucht wurde, musste ihr Mann 200 Euro zahlen“, erzählt Saad.

Zu zahlen im Voraus

Erst nach eineinhalb Stunden sei sie dann untersucht worden, obwohl ihre Kleidung bereits nass war. Die Ärztin habe der Freundin empfohlen, sich stationär aufnehmen zu lassen. Doch das hätte 900 Euro am Tag gekostet. Zu zahlen im Voraus. Zu viel Geld für die unversicherte Frau. Also wurde eine Alternative gesucht, das St.-Josef-Krankenhaus. „Dort sei es billiger, hat man uns gesagt“, erzählt Saad. Im Privatwagen fuhr sie ihre Freundin in das andere Spital. „Dort hat man uns gesagt, dass einen Nacht 830 Euro kostet. Von einem Sozialfonds höre ich jetzt zum ersten Mal“, sagt Saad. Ihre Freundin wollte darauf nicht länger in dem Spital bleiben. Zwei Tage später brachte die Irakerin in Salzburg ihr Kind tot zur Welt.


Im Krankenhaus St. Josef bedauert man den Fall. Man habe die Irakerin aber sehr wohl informiert, dass ein Sozialfonds die Kosten übernehme, sagt eine Sprecherin. Doch die Frau sei gegangen, noch bevor die zuständige Ärztin sie untersuchen konnte: „Was sollen wir da tun. Wir können die Menschen nicht aufhalten“, sagt die Sprecherin. Auch die zuständige Abteilung der Stadt sieht keinen Fehler. „So tragisch es ist. Beide Spitäler haben sich richtig verhalten“, sagt MA40-Leiterin Renate Christ.


Patientenanwältin Sigrid Pilz sieht das anders: „Laut Krankenanstaltengesetz müssen Frauen aufgenommen werden, wenn eine Entbindung unmittelbar bevorsteht.“ Sie will jetzt weiter für das Recht der Patientin kämpfen: „Grundsätzlich darf man Patienten in solch schwierigen Situationen nicht einfach alleine lassen.“

Fall Sandra W.

Die Geschichte erinnert an den Fall Sandra W. Die schwangere Wienerin war im Jänner 2012 nachdem sie starke Unterleibsblutungen hatte, von zwei Spitälern untersucht worden und ohne Diagnose nach Hause geschickt worden. Erst im dritten Spital wurde sie behandelt. Allerdings zu spät. Sie verlor ihr Baby.

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