Von Spitälern abgewiesen: Schwangere verlor Baby
Das Laken, die Hose, alles war voller Blut“, erzählt Sandra W. von der Nacht auf den 12. Jänner, als sie mit Sturzblutungen in ihrer Wohnung in Wien-Ottakring aufwachte. Angehörige brachten die Schwangere, damals in der 13. Woche, ins Spital Göttlicher Heiland. Obwohl zwei Ärztinnen sie umgehend untersuchten, fanden sie keine Ursache für die Blutung. Nach 20 Minuten wurde Sandra W. nach Hause geschickt. Ohne Diagnose. Und immer noch blutend. Im AKH Wien, wo die Frau am nächsten Tag eine Ursache für ihre Blutungen erfahren wollte, wurde sie nicht einmal untersucht. Laut AKH habe sie sich falsch angemeldet – nämlich zur Geburt. Erst nach zwei Nächten voller Panik erhielt die 26-Jährige am 13. Jänner in der Rudolfstiftung die erhoffte Behandlung – und erstmals eine Diagnose für ihre immer noch andauernden Blutungen: Ein Stück vom Mutterkuchen war abgegangen, weil sich dort ein Hämatom gebildet hatte. W. wurde für drei Nächte aufgenommen. Ihr Kind konnten die Ärzte aber nicht mehr retten. Letzten Sonntag hat sie es in der Rudolfstiftung verloren.
Reaktionen
Die Reaktionen der Krankenhäuser, die die Schwangere abgewiesen hatten, fallen auch nach dieser tragischen Meldung verhalten aus. „Ich bedaure, dass wir die Patientin nicht aufgenommen haben“, sagt Primarius Albert Mayer, Leiter der Gynäkologie des Göttlichen Heiland. Ein Verschulden des Spitals sieht er nicht: „Ob strenge Bettruhe geholfen hätte, die Schwangerschaft zu erhalten, ist fraglich“, konstatiert Mayer. Dass gerade in der Frühschwangerschaft psychologische Gründe maßgeblich über den Ausgang von Komplikationen entscheiden, räumt aber auch Mayer ein: „Schon aus diesem Grund wäre eine Aufnahme der Patientin wünschenswert gewesen.“ Personelle Konsequenzen will Mayer aber nicht ziehen. Man müsse die Kirche im Dorf lassen: „Physisch hätten wir ihr nicht helfen können.“
Schwarzer Peter
Auch im AKH Wien ist man bemüht, den Schwarzen Peter loszuwerden. Obwohl sich das Spital nach den Recherchen des KURIER bei Sandra W. entschuldigt hat, will man gegenüber dem KURIER nicht von Fehlern sprechen. „In meinem Verantwortungsbereich ist nichts schiefgegangen“, sagt Wilhelm Marhold, Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes. „Es gibt von mir eine eindeutige Weisung, dass in Gemeindespitälern alle Patienten zu untersuchen sind.“ Warum das im Fall von Sandra W. im AKH Wien nicht passiert ist, will auch Marhold wissen. „Ich nehme den Fall zum Anlass, um mit Rektor Schütz zu sprechen, denn er ist für das Ärztepersonal zuständig“, sagt Marhold. Auch Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely fordert von Schütz „notwendige Konsequenzen“.
Kapazitäten
Der Aussage von Peter Husslein, dass das AKH nur noch Kapazitäten für Risikopatienten habe, stimmt Marhold nicht zu: „Die Wiener können sicher sein, dass sie im AKH betreut werden.“ Ganz anders sieht das Martin Langer, Oberarzt für Frauenheilkunde im AKH: „Ich korrigiere unseren Generaldirektor nur ungern. Aber da liegt er falsch. Wir haben nur noch Kapazitäten für Risikofälle.“ Dass man bei Sandra W. womöglich falsch entschieden hat, verneint Langer. „Gegen den Verlust eines Kindes in der Frühschwangerschaft gibt es kein Allheilmittel. Das ist bedauerlich, aber leider schicksalhaft“, sagt Langer. „Sprachlos“ reagiert Sandra W. auf diese Aussagen. „Warum bin ich erst im dritten Spital aufgenommen worden? Warum hat mich im AKH niemand untersucht?“ Nach Antworten auf ihre Fragen sucht nun auch die Patientenanwaltschaft. Sie ist seit Mittwoch eingeschaltet.
Stöger will Aufklärung
Inzwischen hat sich auch SP-Gesundheitsminister Alois Stöger zu Wort gemeldet: "Menschen müssen in Krankenhäuser behandelt werden." Die Spitäler hätten "einen klaren Auftrag", sagte der Minister. "Das trifft auch auf Universitätsspitäler zu." Es könne nicht sein, dass ein Spital eine Position einnehme, nur für Spitzenmedizin zuständig zu sein, sagte Stöger in Richtung Wiener AKH. Das AKH sei ein Krankenhaus, das die gesamte Medizin abdecke, auch die Gynäkologie. Aber auch das Spital Göttlicher Heiland habe nicht die geeigneten Maßnahmen getroffen. Da Stöger den gesamten Sachverhalt noch nicht kenne, sei er mit Schuldzuweisungen vorsichtig.
Die Belastung und der Verlust der Frau sei "unwiederbringlich". "Die Schuldhaftigkeit muss jetzt objektiv geprüft werden", sagte Stöger. Die zuständige Magistratsabteilung habe sich der Causa angenommen, der Sachverhalt werde genau untersucht.
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