Speisekarte gegen Telefonnummer: Wie Tag 1 der Wiener Gäste-Registrierung verlief
Für die Bedienung im Sperling sind Daten Bedingung. Wer in dem Restaurant im Augarten Platz nimmt, der bekommt zur Speisekarte ein Formular mit dem Logo der Wirtschaftskammer und einem überdimensionalen Coronavirus ausgehändigt. Name und Telefonnummer sind darauf einzutragen.
Und wer das nicht sofort macht, der wird freundlich, aber bestimmt daran erinnert: „Das bitte noch erledigen“, sagt der Kellner, als er die Bestellung aufnimmt. Fast hätte er vergessen, Vanille-Weißkraut zu den Grammelknödeln zu empfehlen – erst beim Gehen fällt es ihm ein.
Mit der vollständigen Bestellung und dem ausgefüllten Zettel an der Schank angekommen, schaut der junge Mann kurz auf die Uhr: Er muss schließlich noch die Ankunftszeit des Gastes, das Datum und die Tischnummer auf dem Formular ergänzen. „Es fühlt sich an, als hätten wir das nie anders gemacht“, erzählt er später.
Aber das ist nicht überall so. Ganz im Gegenteil. Wer Montagfrüh in ein neu eröffnetes Café in der Gumpendorfer Straße schlenderte, konnte sich zwar getrost sicher fühlen: Die Tische in weitem Abstand zueinander, der Kellner mit Mund-Nasen-Schutz und die Karte wird nur kurz zur Auswahl des Frühstücks an den Tisch gebracht.
Einzig: Von den seit gestern, Montag, verpflichtenden Datenblättern zur Registrierung fehlt jede Spur. Weder am Eingang noch am Tisch werden die Kunden nach ihren Daten gefragt. Eigentlich sind die Wirte seit Montag verpflichtet, Name und Kontaktdaten ihrer Gäste aufzunehmen, um im Falle eines Corona-Falls damit beim Contact Tracing zu helfen.
Die Realität zeigt: Die neuen Regeln sind noch nicht überall in der Praxis angekommen. Selbst nach einem ausgiebigen Frühstück kommt der Kellner nicht auf die Idee, nach den Daten zu fragen. Auch an den Nachbartischen: Fehlanzeige. In anderen Lokalen verläuft es gleich.
Manche dürfte die Registrierung der Gäste am falschen Fuß erwischt haben: Am Donnerstag verkündete Bürgermeister Michael Ludwig sein Vorhaben, am Freitag lag die Verordnung schriftlich vor, am Montag trat sie in Kraft. Noch am Wochenende war nicht einmal so manchem Kammerfunktionär klar, wie die neue Regel umgesetzt werden soll.
Ob sie zum Beispiel auch im Gastgarten gilt oder wie mit Kunden umzugehen ist, die nur Kaffee oder Speisen abholen möchten (beide Fragen sind nun geklärt: Wer sich im Lokal hinsetzt, muss seine Daten angeben. Wer nur etwas abholt, nicht).
Und zwischendurch dürften sogar die Ober in den Kaffeehäusern vergessen haben, dass sie ja Daten sammeln müssen. Beim ersten Gast am Tisch kommt das Formular noch dazu, beim zweiten dann nicht mehr.
Der Ober hilft
Im Café Hummel in der Josefstadt allerdings läuft alles glatt. Die „Formulare zum Ausfüllen haben Sie hier“, sagt der Ober, als er die Bestellung aufnimmt. Wer sich nach Name, Telefonnummer und Mail-Adresse mit Tischnummer und Datum schwertut, bekommt Hilfe vom Herrn Ober. „Der 28. ist“, sagt er. „Tisch 23.“
Dabei wurden die Tischnummern extra auf die Aufsteller geklebt (schauen muss man aber immer noch selbst). Chefin Christina Hummel ist jedenfalls „stolz“ auf ihre Gäste, wie sie sagt. Nur ganz wenige hätten geraunzt, die meisten haben sich kooperativ gezeigt, sagt sie. Zum Beispiel Petra Loley. Hunger auf ein Frühstück hatte sie eigentlich nicht, aber sie wollte trotzdem kommen. „Jetzt erst recht“, nämlich.
Die von den Gästen ausgefüllten Daten-Kärtchen wandern übrigens in Boxen. Die zur Josefstädter-Straße hin in die Josef-Box, die zur Albertgasse hin in die Albertgasse, die zum Hamerling-Platz hin in die – richtig – Hamerling-Box. Ordnung muss sein, immerhin geht’s ja – im Ernstfall – um die rasche Übermittlung von Daten. Wie hoch die Strafen für die Wirte sind, wenn sie diese Daten im Bedarfsfall nicht liefern können, steht übrigens noch nicht fest. Das Strafmaß sei gerade „in Abstimmung“, heißt es.
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