Stadt Wien könnte Leih-Scooter-Anbieter aussperren
Ein Jahr, nachdem die E-Roller zum Ausleihen in Wien aufgetaucht sind, ist klar: Im Unterschied zu den inzwischen verschwundenen stationslosen Leihrädern dürften sie mehr als ein temporäres Phänomen sein. Für die Stadt heißt das: Um das E-Scooter-Chaos auf den Gehsteigen in den Griff zu bekommen, wird sie strenger werden müssen.
Wie konkret, das hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zuletzt erklärt: Er plädierte dafür, fixe Zonen zu definieren, in denen die E-Roller geparkt werden müssen.
Das hört sich simpel an, ist aber schwierig zu realisieren: Solche Abstellbereiche umzusetzen, berge einige Tücken, ist aus dem Rathaus zu vernehmen. Wie der KURIER erfahren hat, sollen die Beamten im Hintergrund daher schon an einem Plan B arbeiten: einer Reduktion der Zahl der Anbieter.
Und dieser Plan B könnte bald zum Plan A werden.
In der Schublade liegt er schon länger: Im Jahr 2017 hat eine Arbeitsgruppe der Stadt ein Konzept zum „Umgang mit stationslosen Mietrad-Unternehmen“ ausgearbeitet.
„Bei grundsätzlich positiver Haltung“ zu einem solchen Angebot benötige die Stadt Instrumente, um „steuernd eingreifen zu können“, damit negative Folgen „hintangehalten werden“, heißt es etwas kompliziert in dem Papier, das dem KURIER vorliegt.
Eine damals diskutierte Variante könnte nun auf die E-Scooter angewendet werden: eine Beschränkung der Zahl der Anbieter. Und zwar auf drei Firmen (derzeit sind es sieben), wie zu hören ist.
Die Vorschriften
Seit 1. Juni gilt: E-Rollerfahrer müssen den Radweg benützen. Ist keiner vorhanden, die Fahrbahn. Beim Parken ist zu beachten: Auf dem Gehsteig dürfen Scooter nur abgestellt werden, wenn dieser mehr als 2,5 Meter breit ist. Die Anbieter müssen verkehrsgefährdend geparkte Exemplare binnen bestimmter Fristen (wochentags sind das vier Stunden) abholen – ansonsten setzt es Geldstrafen.
Die Anbieter
Insgesamt sind sieben E-Scooter-Verleiher in Wien aktiv: Bird, Lime, Tier, Circ und Kiwi Ride mit jeweils 1.500 Stück, Hive mit 790 und Holmi mit 30. Der Anbieter Wind, der zuletzt 574 Exemplare in Wien stationiert hatte, pausiert derzeit – seine Scooter können daher auch nicht genutzt werden. Die Firma Bolt hat ihren Start zwar vorbereitet, verleiht aktuell aber noch keine Geräte.
Wer den Zuschlag bekommt, könnte von Qualitätskriterien – etwa der Lebensdauer der Gefährte – abhängig gemacht werden. Die auserkorenen Unternehmen könnten außerdem verpflichtet werden, nicht nur im Zentrum, sondern auch in Randbezirken präsent zu sein.
Kontrolle schwierig
Im Rathaus hält man – zumindest vorerst – noch an den Abstellzonen fest. Doch wo liegen hier die Probleme? Unklar ist etwa, ob nur die Anbieter, oder auch die Nutzer verpflichtet werden, die Scooter in den Zonen zu parken.
Offen ist auch der Standort der Zonen. Fest steht jedenfalls: Wenn die E-Roller nicht mehr überall abgestellt werden dürfen, führt das das stationslose Prinzip, das eine Fahrt bis zum Zielort ermöglicht, ad absurdum.
Dazu kommen rechtliche Bedenken.
E-Scooter Verleiher könnten aus Wien verbannt werden
Unklar ist, wie die Abstellzonen umgesetzt werden können – etwa über eine Verordnung oder über das Gebrauchsabgabengesetz (Regelung über die Gebühr für die Nutzung des öffentlichen Raums).
Und, nicht zuletzt: Die Einhaltung der Zonen dürfte schwierig durchzusetzen sein.
Lösung A: Parken nur in definierten Zonen
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat zuletzt dafür plädiert, genaue Zonen festzulegen, in denen die Scooter abgestellt werden müssen. Dafür spricht:
- Sicherheit: Der Nutzer kann sich darauf verlassen, dass der Scooter in der Zone rechtskonform geparkt ist.
- Ordnung: Scooter, die Wege blockieren, sind Vergangenheit.
Dagegen spricht:
- Konterkariert: Abstellzonen hebeln das stationslose Prinzip aus, das die Scooter so nutzerfreundlich macht.
- Unklarheiten: Wo die Zonen markiert und wie sie durchgesetzt werden sollen, ist fraglich.
Lösung B: Die Zahl der Anbieter wird reduziert
Nur ausgewählte Anbieter, die bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, dürfen noch E-Scooter aufstellen.
Dafür spricht:
- Mehr Raum: Weniger Anbieter bedeuten weniger E-Roller – und das wiederum heißt mehr Platz auf den Gehsteigen.
- Qualität: Anbieter mit hochwertigen E-Scootern, die etwa über langlebige Akkus verfügen, werden gefördert.
Dagegen spricht:
- Abstell-Chaos: Unachtsam abgestellte Gefährte wird es weiter geben.
- Rechtliche Bedenken: Fraglich ist, ob das Wettbewerbsrecht eine Obergrenze zulässt.
Parkt ein Scooter-Nutzer das Gefährt illegalerweise außerhalb der Park-Bereiche, muss das schließlich sanktioniert werden. Und das müssten wahrscheinlich die Anbieter übernehmen.
Boom geht weiter
Zur Erinnerung: Derzeit darf jeder Anbieter bis zu 1.500 E-Roller in Wien aufstellen. Eine Maximalzahl an Verleihern gibt es aber nicht. Die Wirtschaftskammer Wien und der erste Bezirk haben eine solche Obergrenze wiederholt gefordert.
Die sieben aktiven Anbieter haben zusammen 8.300 Scooter stationiert. Laut internen Berechnungen des Magistrats ist diese Zahl für Wien verträglich.
Offiziell heißt es aus dem grünen Verkehrsressort, dass derzeit laufend Gespräche zum Thema E-Scooter stattfinden. Ergebnisse sollen in den nächsten Wochen vorliegen.
Grazer Gemeinderat stimmt ab
Übrigens: Graz ist in puncto Leihroller schon einige Schritte weiter. Dort ist zwar noch kein Anbieter aktiv. Trotzdem wird der Gemeinderat am Donnerstag einen Grundsatzbeschluss zum Umgang mit den Verleihern abstimmen.
Der Beschluss sieht festgelegte Park-Zonen im erweiterten Zentrum vor – wobei noch nicht fix ist, ob sie am Gehsteig, im Bereich von wenig ausgelasteten Radbügeln oder in der Parkspur markiert werden.
Weiters geplant: Ein Limit von 300 E-Rollern für die ganze Stadt – angeboten von nur einem Verleiher.
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