Sicherheitsrisiko: Warum E-Scooter so gefährlich sind
Von „niederschmetternden Ergebnissen“ spricht Unfallforscher Ernst Pfleger. Unter seiner Leitung wurden in den vergangenen Wochen mehrere Versuchsreihen mit E-Scootern durchgeführt. Das Fazit: Die Ergebnisse der Bremstests seien katastrophal.
Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h sei viel zu hoch. „Das ist, als ob man mit dem Auto mit 80 km/h im Stadtverkehr unterwegs wäre“, sagt Pfleger.
Für die Versuchsreihen wurden Modelle der Wiener Anbieter getestet. Interessant ist, dass sowohl die verschiedenen Marken, als auch Modelle ein und derselben Marke verschieden gute Ergebnisse zeigten. Kurzum: Jede Fahrt, egal mit welchem Anbieter, kann unterschiedlich gefährlich sein.
Um valide Ergebnisse zu erhalten, wurden bei den Versuchsreihen auch Fahrräder getestet. Deren Bremsverhalten ist demnach weitaus sicherer.
„Die Ergebnisse zeigen, dass die neuen Gesetze nicht ausreichend durchdacht wurden. E-Scooter sind gesetzmäßig zwar Fahrrädern gleichgestellt, haben aber ein weitaus höheres Gefahrenpotenzial“, sagt der Experte.
Nur noch 15 km/h
Konkret fordert Pfleger, dass die technischen Richtlinien für die Bremsen der Gefährte verschärft werden und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 15 km/h verringert wird: „Muss man mit 25 km/h eine Vollbremsung machen, dann beträgt der Bremsweg im Durchschnitt 9,8 Meter.
Ist man unaufmerksam und vielleicht kurz abgelenkt, kann der Anhalteweg sogar 19,6 Meter lang sein. Das entspricht fünfeinhalb Autolängen.“
Gefährlicher Trend: E-Scooter
Handzeichen schwierig
Ein weiteres Problem zeigen die Testergebnisse in Sachen Fahrdynamik. Für E-Scooter-Fahrer gelten die gleichen Verkehrsregeln wie für Radfahrer. Vor dem Abbiegen soll also per Handzeichen die Fahrtrichtung angezeigt werden. Das ist aber gar nicht so einfach, weil die kleinen Räder nicht gerade zur Stabilität der Elektroroller beitragen.
Will man einem Hindernis ausweichen, braucht man mit dem E-Scooter außerdem doppelt so viel Platz, wie mit einem Fahrrad. All diese Ergebnisse wurden unter Beachtung der bestehenden Verkehrsregeln erzielt. Umso gefährlicher wird es, wenn man diese missachtet.
Wie Schwerpunktkontrollen der Wiener Polizei zeigen, ist das aber häufig der Fall. Bei insgesamt sechs Kontrollen der Fahrradpolizei wurden 113 Scooter-Fahrer erwischt, die trotz roter Ampel die Straßen querten. 43 Personen fuhren mit dem Roller auf dem Gehsteig.
Laut dem Leiter der Wiener Verkehrspolizei, Michael Takacs, werden auch sehr oft E-Scooter angehalten, auf denen zwei Personen unterwegs sind.
„Bei solchen Aktionen ist ein Unfall vorprogrammiert“, sagt Verkehrsexperte Pfleger dazu. Ausreden von Touristen, nicht über die Verkehrsregeln Bescheid zu wissen, lässt die Wiener Polizei übrigens nicht gelten.
Helmpflicht gefordert
Pfleger fordert nun eine Helmpflicht, weil E-Scooter-Fahrer besonders anfällig für Kopfverletzungen seien. Außerdem soll der Gesetzgeber laut Pfleger die derzeit bestehenden Regeln überarbeiten.
Auch, weil die Anbieter mit ihren Rollern ganze Städte „überschwemmt“ hätten. Dass Scooter etwa auf Gehsteigen herumliegen, sei für Fußgänger „nicht ungefährlich.“
Die E-Scooter-Betreiber Bird, Lime, Tier, Kiwi, Hive und Circ stellen den Wienern derzeit etwa 7.400 Gefährte zur Verfügung. Sonst gibt es die Rollerverleiher auch in Klagenfurt, Villach, Linz und Wels. Im September soll Graz folgen.
Die Stadt Wien kündigte im Juni an, bei Bedarf im Herbst die Regeln für die Leihroller-Anbieter verschärfen zu wollen. Immer wieder sorgten ineinander verkeilte und auf dem Gehsteig liegende Scooter für Diskussionen. Über den Sommer beobachtet die Stadt die Roller-Fahrer.
Welche Verschärfungen kommen könnten – etwa eine Maximalzahl an Verleihern oder ein Parkverbot auf Gehsteigen – will man noch nicht verraten.
E-Roller-Nutzer müssen, wenn vorhanden, auf dem Radweg fahren – und zwar mit maximal 25 km/h.
Auf dem Gehsteig dürfen sie nur parken, wenn dieser mehr als 2,5 Meter breit ist. Jeder Verleiher darf maximal 1.500 Gefährte aufstellen und muss verkehrsgefährdend geparkte Exemplare binnen bestimmter Fristen (wochentags vier Stunden, Anm.) abholen.
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