SPÖ-Parteirebellen gegen Lobautunnel und Stadtstraße
Umfragewerte am Rande der absoluten Mehrheit, ein unumstrittener Chef mit hohen Beliebtheitswerten, die parteiinternen Gräben längst zugeschüttet: Der erste Landesparteitag der Wiener SPÖ nach zweijähriger pandemiebedingter Pause, der am 28. Mai in der Messe Wien stattfindet, sollte eigentlich ein gemütliches Schaulaufen für Parteichef Michael Ludwig werden. Auch weil keine nennenswerten personellen Entscheidungen anstehen.
Umso mehr können die rund 1.000 Delegierten ihr Augenmerk auf die 60 Anträge legen, über die sie in der Messehalle abstimmen sollen. Neben roten Klassikern wie der Forderung nach einer höheren Besteuerung der Wirtschaft und der Reichen, nach mehr Geld für Bildung sowie nach besseren Arbeitsbedingungen für Pflege und Krankenhäuser finden sich auch Anträge, die am Parteitag durchaus zu hitzigen Diskussionen führen könnten.
Allen voran einer aus der traditionell gerne etwas aufmüpfigen SPÖ Alsergrund und der Jungen Generation Wien. "Zukunftsperspektive statt Tunnelblick", verrät bereits der Titel, dass es um eine Forderung geht, die nicht auf der Linie Ludwigs und der innerparteilichen Mehrheit liegt. Nämlich "ein klares Nein zur Lobauautobahn" und "ein klares Nein zur Stadtstraße Aspern und der S1-Spange" – also zu jenen Projekten, die die SPÖ-Führung trotz aller Proteste von Umweltschützern durchsetzen will, um die Stadtentwicklungsgebiete im Nordosten der Stadt zu erschließen.
Retro-Projekt
Für die Antragsteller ist die Lobauautobahn hingegen "ein Schritt in die Vergangenheit", die lediglich die Interessen einiger weniger bedienen würde. Sie führen gleich mehrere Argumente gegen das Straßenprojekt ins Feld: Es sei nicht vereinbar mit den Pariser Klimazielen, würde zu mehr Verkehr führen und die Ortskerne in der betroffenen Region schwächen. Als Alternative fordern die Genossen einen umfassenden Öffi-Ausbau in der Donaustadt.
Die Antragskommission empfiehlt den Delegierten gemäß offizieller Parteilinie eine Ablehnung des Antrags. Stattdessen sollen sie lieber einem Leitantrag des Parteivorstands zur "klimagerechten Stadtentwicklung im Nordosten Wiens" zustimmen, in dem ausführlich die Vorteile von Stadtstraße und Lobautunnel für Stadtentwicklung, Verkehr und Umweltschutz dargelegt werden.
Straßen umbenennen
Nicht auf Parteilinie befindet sich auch ein Antrag der Sozialistischen Jugend (SJ) Wien, die eine Umbenennung von Straßennamen fordert, die "rassistisch, antisemitisch oder generell diskriminierend gegenüber marginalisierten Gruppen sind". Dies wird von der Stadtregierung abgelehnt, stattdessen werden erklärende Zusatztafeln angebracht.
Das ist der SJ zu wenig: "Durch das Beibehalten mittlerweile zutiefst kritischer Straßennamen bleiben diese Vorstellungen und Ehrungen im Wiener Stadtbild vorhanden und verzerren den Blick auf die Gesellschaft." Die Kommission empfiehlt in diesem Fall eine Zuweisung des Antrags an den SPÖ-Klub – was in der Regel einer Schubladisierung gleichkommt.
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