Sozialwohnungen drohen in die Hand von Investoren zu fallen
Heiß begehrt sind Sozialwohnungen nicht nur bei Menschen mit geringem Einkommen. In den vergangenen Jahren haben findige Investoren immer wieder versucht, sich gemeinnützige Wohnbaugesellschaften unter den Nagel zu reißen, um die Wohnungen gewinnbringend am privaten Markt zu verkaufen. Bekannt sind etwa die Causen Riedenhof, Gesfö und Pannonia, die zuletzt – wie berichtet – auch die Staatsanwaltschaft beschäftigten.
Nun herrscht abermals Unruhe in der Branche der gemeinnützigen Bauträger. Anlass ist die jüngste Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG). Die zugehörigen Erläuterungen werden von maßgeblichen Kreisen dahingehend interpretiert, dass sogenannte Paketverkäufe von gemeinnützigen Wohnungen zugunsten von Investoren (etwa Privatstiftungen) ermöglicht wurden. Somit verwandeln sich Sozialwohnungen potenziell in Anlegerwohnungen, was dem Gedanken des sozialen Wohnbaus widerspricht.
Diese Paketverkäufe könnten Dutzende Wohnungen alleine an einen Käufer umfassen, die ohne behördliche Kontrolle aus dem gemeinnützigen Sektor abfließen würden. Kritiker sehen sogar Parallelen zur berüchtigten Buwog-Privatisierung, die in den vergangenen Jahren die Gerichte beschäftigt hat.
Einzelne Fälle
Aus der Praxis seien aus einzelnen Bundesländern bereits Fälle bekannt, wo es zu entsprechenden Bestrebungen gekommen sei, schildert Klaus Baringer, Obmann des Verbands der gemeinnützigen Bauvereinigungen. Er sieht dringenden Handlungsbedarf, damit Sozialwohnungen nicht in die Hände von Investoren fallen können. „Ich gehe davon aus, dass die zuständigen Stellen eine Klarstellung der rechtlichen Regeln herbeiführen.“ Denkbar sei etwa eine entsprechende Verordnung des zuständigen Wirtschaftsministeriums.
Thomas Ritt, Wohnbau-Experte bei der AK Wien, mahnt zur Vorsicht: „Es besteht das Risiko, dass die Novelle am Beginn weiterer Neuregelungen steht, die zu einer weiteren Aufweichung des Status quo führen.“
Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher in der Wirtschaftskammer, steht Anlegerwohnungen im gemeinnützigen Wohnbau ablehnend gegenüber, sieht aber auch in anderen Bereichen des gemeinnützigen Wohnbaus Handlungsbedarf. Allen voran bei den Einkommensgrenzen, die so hoch seien, dass viele der Wohnungen an relativ wohlhabende Mieter fallen würden, während wirklich Bedürftige oft leer ausgehen würden.
Gegen Spekulation
Im zuständigen Wirtschaftsministerium teilt man die Bedenken aus der Sozialpartnerschaft und der Branche nicht. Vielmehr habe man mit der jüngsten Novelle des WGG – wie auch schon bei den vorangegangenen – die Genehmigungspflicht und die Spekulationsbestimmungen verschärft, betont eine Sprecherin, räumt aber ein: „Sollte sich aus der Diskussion ein Änderungsbedarf ergeben, würde dieser für die nächste Novelle berücksichtigt.“
FPÖ-Antrag im Landtag
Den ortet man auf jeden Fall bei der FPÖ Niederösterreich. Unter den Titel „Keine Anlegerwohnungen bei Wohnungsgenossenschaften“ hat sie für die nächste Landtagssitzung einen Antrag eingebracht, wonach sich unter anderem das Land NÖ bei der Bundesregierung für eine entsprechende Klarstellung der rechtlichen Regeln einsetzen soll.
„ÖVP-Wohnbaulandesrat Martin Eichtinger muss Zähne zeigen und die Aufsichtsbehörde anweisen, hier eine klare Linie zu vertreten“, sagt Landesparteichef Udo Landbauer. „Denn Anlegerwohnungen im gemeinnützigen Wohnbau sind wie Teufel und Weihwasser.“ Am heutigen Mittwoch wird der Antrag im zuständigen Ausschuss behandelt.
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