Schnitzel gegen Wanderweg: Der kuriose Kampf um die Stadtstraße

Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) mit den Experten Robert Lechner, Werner Rosinak und Christof Schremmer.
Das Thema ist komplex, die Fronten sind verhärtet – Gegner wie Befürworter werden zunehmend erfinderisch.

Die sonst eher schmucklose Planungswerkstatt am Friedrich-Schmidt-Platz hat sich am Donnerstagabend in eine Art Schrein für das aktuell am meisten diskutierte Verkehrsprojekt Wiens verwandelt: die Stadtstraße, die ab 2025 die Tangente mit der S1 samt Lobautunnel verbinden soll.

Die Wände des städtischen Ausstellungszentrums waren mit riesigen Luftaufnahmen von Wien sowie Tafeln mit vielen Comic-Autos und noch mehr spielenden Kindern darauf ausstaffiert – für einen einzigen Abend.

Im Vorraum hatte man ein üppiges Buffet mit Mini-Schnitzerln, Tofuspießen und Wein aufgebaut. All das bildete die Kulisse für ein Hintergrundgespräch mit Journalisten, zu dem Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) geladen hat.

Buhlen um Aufmerksamkeit

Warum dieser Aufwand? Die Debatte über die Stadtstraße wird seit Jahren geführt. Trotz allem blickt bei dem Thema kaum jemand so richtig durch, denn es ist äußerst komplex.

Befürworter und Gegner übertrumpfen einander mit schwer überprüfbaren Argumenten. Das Resultat: Das (mediale) Interesse schwindet. Das weiß Sima – die genau deshalb derartige Termine veranstaltet.

Nicht von ungefähr kam daher der wohl bemerkenswerteste Satz des Abends: „Bei den vielen Zahlen kenne ich mich oft selbst nicht mehr aus“, gestand Verkehrsplaner Werner Rosinak.

Er war nicht der Einzige, den Sima geladen hat. Weiters am Podium: SPÖ-Klubchef Josef Taucher, Planungsdirektor Thomas Madreiter, Robert Lechner vom Ökologieinstitut und Christof Schremmer vom Institut für Raumplanung.

Sie referierten – unter Zuhilfenahme vieler, vieler Zahlen auf Powerpoint-Folien – einmal mehr sämtliche Argumente für die Stadtstraße.

Gegen „Flächenfraß“

Inhaltlich versuchte man zumindest einen neuen Dreh: Jene Wohnungen, für deren Bau die Stadtstraße laut UVP Voraussetzung ist, seien ein Beitrag gegen die Bodenversiegelung, hieß es.

Würde dieser Wohnraum nicht in Wien, sondern alternativ etwa in Niederösterreich geschaffen, wäre das mit weit mehr „Flächenfraß“ verbunden. In der Stadt werde eben kompakter gebaut.

Dieser Aspekt interessierte Sima so sehr, dass sie sich quasi selbst als Journalistin versuchte und bei den Experten nachhakte.

Protestwandern

Die Projektgegner scheuten am Donnerstag ebenfalls keine Mühen: Greenpeace hat in der Lobau einen Wanderweg eröffnet, um auf die „drohenden Gefahren“ durch den Tunnelbau aufmerksam zu machen.

Am Nationalfeiertag lädt man zum kollektiven Wandern. Welche Verpflegung es dort geben wird, ist nicht überliefert.

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