Rechtsprechung hinter Plexiglas in Corona-Zeiten

Rechtsprechung hinter Plexiglas in Corona-Zeiten
Langsam soll Normalität im Landesgericht für Strafsachen in Wien einkehren. Doch normal ist nichts.

Ein bisschen Normalität soll wieder in den Gerichten einziehen. Doch normal ist an diesem Montag im Landesgericht für Strafsachen nichts.

Keine Menschenschlangen bei den Eingängen. Eine Fiebermessung zur Begrüßung. Zutritt nur mit Maske. Statt wie sonst bis zu 70 Verhandlungen finden an diesem Tag nur zehn statt, davon vier Schöffenverhandlungen.

Visier statt Maske

Richter Christian Gneist sitzt hinter einer Plexiglasscheibe. Sie wurde vor wenigen Tagen eilig von Handwerkern montiert. Auch er trägt einen Mundschutz – den er wenig später gegen ein Gesichtsvisier tauschen wird. Brillenträger haben es dieser Tage nicht leicht.

Neben ihm – mit Sicherheitsabstand – die beisitzende Richterin und zwei Schöffen. Sieben wurden geladen.

Auch Anwalt Mirsad Musliu kommt vermummt. Diesmal mit Einweg-Maske. „In der letzten Woche hatte ich eine Stoffmaske auf. Aber damit hört man mich schlechter.“ Man lernt in der Krise Ungewöhnliches.

Rechtsprechung hinter Plexiglas in Corona-Zeiten

Anwalt Mirsad Musliu ist im Gericht, sein Mandant wird per Video zugeschaltet

Im Normalfall sitzt der Angeklagte direkt vor seinem Verteidiger. In Tagen wie diesen wird er aus der Justizanstalt Josefstadt per Video zugeschaltet. Er ist der einzige ohne Maske in diesem Verfahren. Jetzt funktioniert die Verständigung mit Gesten. „Im Normalfall kann ich was einflüstern. Jetzt muss ich mit offenen Karten spielen“, lacht der Anwalt. Er ist trotzdem froh, dass wieder verhandelt wird. Im konkreten Fall geht es schnell. Ein 24-jähriger Spielsüchtiger hat mit einer Gaspistole ein Wettbüro überfallen. Er ist geständig. „Mein Fuß wird nie wieder ein Wettbüro betreten“, verspricht er, und wird zu drei Jahren Haft, davon ein Jahr unbedingt (rechtskräftig), verurteilt.

Wenig später: selber Saal, selber Richter, neuer Angeklagter. Es geht um einen Raub in der Schwulenszene. Der Angeklagte – er sitzt nicht in Haft und sagt persönlich aus – weiß nicht so recht, wie er das mit dem Mundschutz regeln soll. Er zupft herum, schiebt die Maske beim Reden runter. Der Sicherheitsabstand ist groß genug.

Als sein Anwalt den Saal betritt, schüttelt der nur den Kopf: „Das ist ein Wahnsinn.“ Die Dolmetscherin blickt sich um und bringt es auf den Punkt: „Das ist alles so surreal hier. Wie wir da sitzen mit dem Visier und den Masken – wie in Star Wars.“

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Auf die Mimik kommt's an: Für Zeugen gibts Gesichtsvisier und Desinfektionsgel

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