Rathausplatz: Die Neuordnung des Christkindlmarktes
Es ist eine Zäsur – die die Corona-Pandemie noch beschleunigt hat: 16 Jahre hat Akan Keskin als Obmann des Vereins zur Förderung des Marktgewerbes den Christkindlmarkt auf dem Rathausplatz veranstaltet.
Das Jahr 2021 war sein letztes. Die Stadt wird ihm den Platz nicht mehr für den Markt zur Verfügung stellen.
Denn: Die Stadt hat ihr hauseigenes Marketing – das Stadt Wien Marketing – damit beauftragt, ab sofort – also schon für Weihnachten 2022 – den Christkindlmarkt neu zu organisieren.
Dem Vernehmen nach will sich die Stadt nicht mehr jedes Jahr aufs Neue mit scharfer Kritik an der für Wien so wichtigen Veranstaltung konfrontiert wissen.
Dass die Stadt dem Verein die Agenden für den Christkindlmarkt nun tatsächlich entzogen hat, kommt zwar nicht völlig überraschend, ist aber trotzdem ein großer Schritt: Keskin und sein Verein galten als SPÖ-nah.
Dass die Stadt ihre hauseigene Veranstaltungsagentur für den Christkindlmarkt verantwortlich macht, ist eine logische Folge: Schon bisher war das Stadt Wien Marketing für alles links und rechts des Christkindlmarktes – also vom kleinen Eistraum bis zum Herzerlbaum – zuständig.
Dort kennt man sich aus mit dem Platz. Das Stadt Wien Marketing veranstaltet auch das Film Festival auf dem Rathausplatz.
Vorwurf der Freunderlwirtschaft
Die Kritik an Keskins Herangehensweise war anhaltend. Die Vorwürfe betrafen vor allem die intransparente Standvergabe: Als Organisator betrieb Keskin nicht nur selbst einen Stand, sondern auch seine Tochter und ein Freund.
Auch ein extra eingeführtes Punktesystem konnte den Vorwurf der Freunderlwirtschaft nicht entkräften: Die „Jury“ für die Vergabe der Stände bestand ausschließlich aus Vereinsmitgliedern. Dazu: Kritik an der (immer gleichen) Warenauswahl (Stichwort Ramsch) und Keskin selbst (Stichwort „Diktator“).
Nun will die Stadt den Christkindlmarkt in Etappen komplett neu aufstellen. Erste Änderungen soll es schon heuer geben. Die wichtigsten Punkte der Neuordnung:
1. Keine Vereine mehr
Im Gegensatz zu den anderen Weihnachtsmärkten in Wien wird jener vor dem Rathaus explizit nicht mehr an Vereine vergeben. Das Stadt Wien Marketing wird das neue Konzept ausarbeiten, Sascha Asanovic – Betreiber einer Catering-Agentur – wird Marktkoordinator.
2. Transparente Vergabe
Wie viel welcher Stand kostet, ist öffentlich. Eine Jury trifft die Entscheidung, welche Betreiber zum Zug kommen. Sie besteht – wie beim Film Festival – aus jeweils einem Vertreter von Stadt Wien Marketing, Wien Tourismus, Wirtschaftsagentur und Wirtschaftskammer.
Pro Unternehmen darf nur noch ein Stand betrieben werden.
3. Indoor-Gastronomie und Chalet
Inmitten des Platzes werden zwei 100 Quadratmeter große Hütten (180 Sitzplätze) für Indoor-Gastronomie aufgebaut. Daran angeschlossen ist ein 42 Quadratmeter großes Chalet (25 bis 30 Sitzplätze) – ausschließlich für Reservierungen.
Wer sich für diese Hütten bewirbt, muss sie auch während der Veranstaltung des Eistraumes (19. Jänner bis 5. März 2023) bespielen.
4. Bio, regional und Fokus auf Kinder
Das Warenangebot soll aufgewertet werden. Speisen und Getränke sollen daher im besten Fall regional und in Bio-Qualität, zumindest aber mit einer Auszeichnung von „Natürlich gut essen“ zertifiziert sein.
Die Standpreise sind gestaffelt. Am billigsten ist jener für Kunsthandwerk (2.500 Euro), am teuersten die Indoor-Gastro (148.000 Euro). So sollen auch kleinere Produzenten eine Chance haben, auf dem Markt auszustellen. Außerdem will man das Angebot für Kinder ausbauen.
Ausgearbeitet wurden die Neuerungen in Kooperation von Rot und Pink. Markus Ornig (Neos), einst schärfster Kritiker der Stadt in der Causa, ist nun zufrieden. Alles, was er je gefordert habe, sei umgesetzt.
Bewerbungen sind übrigens bis 30. April möglich.
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