Prozess um Drogentod von 19-Jähriger in Wien endet mit Freispruch

Prozess um Drogentod von 19-Jähriger in Wien endet mit Freispruch
Der Angeklagte wurde beschuldigt, die junge Frau missbraucht und anschließend im Stiegenhaus abgelegt zu haben.

Im Wiener Straflandesgericht ist am Dienstag der Prozess gegen einen 18-Jährigen, der in der Nacht zum 6. Dezember 2022 eine durch Drogen beeinträchtige 19-Jährige in Wien sexuell missbraucht und nach Verlust ihres Bewusstseins im Stich gelassen haben soll, abgeschlossen worden. Das Gericht beriet sich am späten Dienstagvormittag noch. Gegen Mittag lag dann das Urteil vor: Freispruch. Die junge Frau war damals im Eingangsbereich einer Wohnanlage in Döbling tot aufgefunden worden.

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Der Angeklagte ist wegen sexuellen Missbrauches einer wehrlosen Person (§ 205 Absatz 1 StGB) und Imstichlassen einer Verletzten mit Todesfolge (§ 94 Absatz 2 StGB) angeklagt. Verteidiger Florian Astl wies in seinem Schlussplädoyer daraufhin, dass noch immer nicht sicher sei, ob die inkriminierten geschlechtlichen Handlungen einvernehmlich stattgefunden hätten. Das Gericht habe seine Entscheidung darum nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu entscheiden, so der Anwalt. "Ich kann mich an nichts mehr erinnern", sagte der Angeklagte vor Gericht aus.

Gutachten beantragt

Der Prozess war nach Beantragung eines toxikologischen Gutachtens auf den 5. September vertagt worden. Zuletzt stand auch noch die Einvernahme zweier Zeugen aus, die ebenfalls an der Afterhour-Party teilgenommen hatten.

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Der Angeklagte soll in jener Nacht bei der Afterparty in seiner Wohnung den durch Drogen beeinträchtigten Zustand der 19-Jährigen ausgenutzt haben, um mit der jungen Frau den Beischlaf zu vollziehen. Als der damals 17-Jährige am nächsten Tag feststellte, dass die Frau keine Lebenszeichen mehr von sich gab, schaffte er sie aus seiner Wohnung und legte sie im Eingangsbereich des Stiegenhauses ab, ohne sich weiter um sie zu kümmern.

Hausbewohner entdeckten Leiche

Dort entdeckte sie ein 32-jähriger Hausbewohner, als dieser kurz vor Mitternacht noch einmal mit seinem Hund ins Freie ging. Er habe die rücklings mit angewinkelten Beinen am Boden Liegende angesprochen, an der Schulter berührt und schließlich gerüttelt, schilderte der Mann nun einem Schöffensenat (Vorsitz: Martina Hahn): "Da kam nichts. Da hat es bei mir Klick gemacht. So, wie sie da gelegen ist, hat sie sich nicht selbst so hingelegt."

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Er habe die Rettung angerufen: "Es war Dezember, mitten in der Nacht, es hat geregnet." Auffallend sei gewesen, dass die junge Frau keine Schuhe und weiße Socken anhatte: "Die waren nicht nass. Da war mir klar, dass die von der Stiege war."

Der 32-Jährige führte bis zum Eintreffen der Rettungskräfte Wiederbelebungsmaßnahmen durch. Die 19-Jährige erlangte nicht mehr das Bewusstsein. Obwohl dann auch die Rettungskräfte an Ort und Stelle mit einem Defibrillator-Einsatz um ihr Leben kämpften, kam jede Hilfe zu spät. Der Angeklagte hatte beim Prozessauftakt Ende Juli den Missbrauch bestritten und zum weiteren Erinnerungslücken behauptet. Er wisse nicht mehr, was passiert sei.

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Mittlerweile dürfte feststehen, dass die junge Frau 30 bis 90 Minuten vor ihrem Tod noch Drogen konsumiert hatte - möglicherweise gemeinsam mit dem Angeklagten. Der genaue Todeszeitpunkt der 19-Jährigen steht nicht fest und lässt sich wohl auch nicht mehr klären.

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