Private Tests boomen, seit Wien Risikogebiet ist

Johannes ist 19 Jahre alt und studiert Mathematik an der TU Wien. Donnerstagvormittag hat er noch einem Schüler Nachhilfe gegeben, am Nachmittag steht er in einer Schlange am Ziehrerplatz 9 im 3. Bezirk, gleich neben dem Arenbergpark. Er muss sich auf Corona testen lassen.

Johannes machte bereits das zweite Mal einen Corona-Test.
"Schön langsam wird es teuer"
Rund dreißig Menschen mit Maske stehen hintereinander vor dem weißen Container. Aufgrund der Sicherheitsabstände stehen Menschen bis zum Zebrastreifen. „Gestern war ich mit Freunden unterwegs, heute Vormittag haben sie mich angerufen, weil einer davon Corona-positiv ist“, sagt er.
Zehn Tage muss er nun in Quarantäne, das erfährt er bei der Helpline 1450. Testen lasse er sich jetzt eigentlich nur für seinen Mathe-Schüler. Der müsste sonst auch in Quarantäne und somit seine Geburtstagsparty absagen.
Die 120 Euro für den Test zahlt Johannes aus privater Tasche. „Schön langsam wird es teuer, es ist schon mein zweiter Test“, sagt er. Vor einigen Wochen war er im Gürtel-Lokal „Loco“, als publik wurde, dass ein Kellner dort Corona hatte.

Die meisten Test-Stationen bitten um Bankomatzahlung oder vorab den Test online zu buchen.
Die Nachfrage steigt
Die Nachfrage nach privaten Corona-Tests steigt. Das hat nicht nur damit zu tun, dass die Wartezeit oft deutlich kürzer ist als bei behördlichen Tests. Es daure einfach zu lange, bis die Gesundheitshotline jemanden vorbeischicke. Und es hat auch damit zu tun, dass viele einfach auf Nummer sicher gehen wollen. Dafür nehmen viele auch die Kosten in Kauf.
4410 Coronatests
4410 Coronatests werden seit Anfang September in Wien täglich durchgeführt. An starken Tagen sind es mehr als 6.000. Doch zuletzt war vor allem die lange Wartezeit auf behördlich verordnete Tests in der Kritik. Das gab auch der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zu. „Ich will nichts schönreden“, sagte er zum KURIER. Jetzt stock die Stadt massiv Personal auf.
95 Prozent der Tests aus privaten Labors
Ein Problem ist aber nicht nur das fehlende Personal, sondern es sind auch die Labors selbst. Während die Tests im Spital (also jene für die Mitarbeiter und für die Patienten) gleich in den Spitalslabors durchgeführt werden, werden 95 Prozent aller Tests von privaten Labors durchgeführt. Die Zahl der Tests, die die Ages (Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit) durchführt, fällt quantitativ nicht ins Gewicht.
Höhere Kostenersatz
Dass die Tests von privaten Anbietern durchgeführt werden, sei durchaus sinnvoll, wie es aus Hackers Büro heißt. Problematisch ist aber, dass von den fünf Labors nur zwei auch am Wochenende auswerten. Das heißt, wer etwa am Freitag einen Corona-Test macht, wird erst frühestens am Dienstag ein Ergebnis erhalten. Weil Samstag und Sonntag nicht ausgewertet wird.
Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass private Labors für die Durchführung eines behördlich angeordneten Tests 85 Euro vom Bund bekommen. Für einen gänzlich privaten Tests, werden aber durchaus Preise zwischen 120 und 150 Euro verlangt. "Das ist also deutlich lukrativer. Deshalb sperren sie nicht auf", sagt ein Sprecher von Hacker. Die Stadt Wien fordert jetzt, dass die Bundesregierung den Kostenersatz für private Labors erhöht. Dass am Wochenende nicht ausgewertet wird, ist auch der Grund, warum Anfang der Woche, meist Montag oder Dienstag, die Zahl der positiv Getesteten in Österreich deutlich höher ist als am Ende der Woche.
Ein Extra-Container
Stefan Mustafa, Betreiber und Inhaber des eingangs erwähnten Labors in Wien-Landstraße, sagt, dass er schon kreativ sein musste. „Es sind immer mehr Menschen geworden, die sich testen lassen“, sagt er.
Am Anfang waren die Menschen, die ja keine Symptome haben dürfen, noch im Haus, dann gab es den Container und auch der war den Anrainern noch zu nah an ihrem Wohnraum. In Absprache mit dem Bezirk konnte der Container in der Mitte des Parks aufgestellt werden. Pro Tag gebe es rund 300 PCR-Tests. „Nach der Verkündung Deutschlands, Wien auf die rote Liste zu setzen, gibt es so viele Anfragen, wie noch nie zuvor“, sagt er.
Auch Bildungsminister Heinz Faßmann geht das Testen viel zu langsam. Er schickt ab sofort eigene Teams aus Schulärzten an die Schulen, die bei Verdacht Gurgeltests durchführen – bis zu 150 am Tag seien möglich. Das Ergebnis liegt nach wenigen Stunden vor.
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