Polit-Hickhack um Lobautunnel-Ersatz, Weihnachtsfriede für Besetzer
Das von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) verhängte Aus für den Lobautunnel hat die politische Debatte zuletzt auf andere Möglichkeiten gelenkt, um die Verkehrsprobleme nördlich der Donau zu lösen. Besonders im Fokus: die Öffis.
Äußerst emsig zeigen in dieser Sache die Wiener Grünen auf – mit konkreten Vorschlägen für den Ausbau von Schnellbahn, Bim und Bus, der KURIER berichtete.
Was die S-Bahn angeht, verweist Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) die Wiener Oppositionspartei nun an die zuständige grüne Bundesministerin: Leonore Gewessler.
„Alles, was sich die Grünen wünschen, kann Frau Gewessler morgen umsetzen“, sagt Sima im KURIER-Gespräch. Denn der Ausbau der Bahninfrastruktur sei Sache des Bundes, die Stadt sei für den Betrieb zuständig.
Bisher Erreichtes
Davon abgesehen wurde laut Sima das Gros der grünen S-Bahn-Wünsche ohnehin bereits in Angriff genommen. Darunter sind zwei grüne Forderungen, die auch der pinke Koalitionspartner der SPÖ teilt.
Für den geforderten S-Bahn-Ring inklusive einer Verlängerung der S45 bis Praterkai sei bereits eine Machbarkeitsuntersuchung geplant, so Sima. Allzu große Chancen auf Umsetzung sieht sie allerdings nicht: „Experten sagen uns, dass es nachfragebedingt sinnvoller wäre, andernorts Lücken zu schließen“.
Wie verlangt seien auch Verbesserungen auf der Laaer Ostbahn vorgesehen: So sollen die Kapazitäten im Bereich Simmering-Stadlau-Süßenbrunn gesteigert werden – und zwar „unter Berücksichtigung der Donauquerung“. Damit gemeint ist der nötige Ausbau der Ostbahnbrücke. Mit anderen S-Bahn-Projekten ist man Sima zufolge bereits weiter.
In Umsetzung bzw. fixiert seien unter anderem der Ausbau der Marchegger Ostbahn bis zur Staatsgrenze bis 2025 und der Verbindungsbahn samt 15-Minuten-Takt für die S80 (Aspern Nord-Hütteldorf) bis 2027.
Selbiges treffe auf Taktverdichtungen auf der S2 (ganztägiges 15-Minuten-Intervall zwischen Floridsdorf und Wolkersdorf ab 2026) und der Stammstrecke (bis zu 2,5-Minuten-Takt nach einer großen Modernisierung von 2023 bis 2027) zu.
Bim-Bilanz
Bereits gearbeitet werde auch am Bim-Ausbau. Bereits in Umsetzung ist die Linie 27 zwischen Strebersdorf und Aspern Nord, für die sechs neue Haltestellen gebaut werden.
Dazu kommen weitere geplante Projekte wie eine neue Route für den 25er und die neuen Linien 72 (nach Schwechat) und 22 (nach Groß Enzersdorf).
Für Sima zeigt all das, dass die Stadt ihre Hausaufgaben gemacht habe. Insgesamt sei man rund zwei Drittel der grünen Vorschläge bereits angegangen. „Wenn die Grünen noch mehr machen wollen bei der S-Bahn, rennen sie bei mir offene Türen ein“, so Sima in Richtung Bund.
Weihnachtsfriede
Klar ist für die Stadträtin aber auch, dass ein Öffi-Ausbau eine Umfahrung für den motorisierten Verkehr, also den S1-Lückenschluss samt Lobautunnel, nicht ersetzen könne. Denn über die Öffis könne man keinen Wirtschaftsverkehr abwickeln.
Die Wiener Grünen legen im Verkehrsstreit mit der SPÖ unterdessen nach. Sie fordern Bürgermeister Michael Ludwig auf, einen „Weihnachtsfrieden“ für die Stadtstraße und die Lobau auszurufen – analog zum „Weihnachtsfrieden“ für die Hainburger Au im Jahr 1984.
Die Zeit solle dazu genutzt werden, dass die per Anwaltsbrief angedrohten Klagen gegen die Besetzer der Stadtstraßen-Baustelle zurückgezogen und Gespräche gesucht werden. Zudem sollten sich Ludwig und Sima bei den Betroffenen entschuldigen, so die Grünen-Chefs Judith Pühringer und Peter Kraus.
Dringliche Anfrage
Am Montag werden die Anwaltsbriefe auch den Gemeinderat beschäftigen: Die Grünen werden eine Dringliche Anfrage mit 55 Fragen an Ludwig stellen.
Weiter geht es am Dienstag mit einer Sondersitzung des Landtags – etwa zur Stadtstraße und auf Verlangen der FPÖ.
Neuigkeiten gibt es in der Causa übrigens auch an einer Nebenfront: Die Umweltorganisation Virus hat Beschwerde gegen einen Bescheid eingereicht, der Nacht- und Wochenendarbeiten an der Stadtstraße ermöglichen würde.
Kommentare