Nazilied, Bier im Dienst? Schwere Vorwürfe gegen ÖBB-Mitarbeiter
Die Vorwürfe gegen ÖBB-Mitarbeiter im Bereich des Hauptbahnhofs/Matzleinsdorfer Platz wiegen schwer. Von Geschenken an Vorgesetzten für bessere Diensteinteilungen ist in einem anonymen Brief an den KURIER ebenso die Rede wie von Alkohol im Dienst oder einem rechtsextremen Lied bei einem Standortfest. Ein Insider bestätigt, dass es derartige Vorkommnisse gegeben haben soll. Die ÖBB bestreiten dies hingegen massiv.
Auslöser für das Schreiben war ein KURIER-Hintergrundbericht über den Großausfall auf der Wiener Stammstrecke (zwischen Floridsdorf und Meidling) am 25. August. Wegen der Erkrankung eines Fahrdienstleiters gab es an dem Sonntag rund zehn Stunden lang kaum Bahnverkehr.
In dem Papier wird der Personalmangel als Hauptursache bestritten, aber ein düsteres Bild der Arbeitsbedingungen der Triebfahrzeugführer (interner Jargon für Lokführer) gezeichnet. So müsste ein bestimmter Vorgesetzter mit Geschenken und Essen bedacht werden, um bessere Dienste zu erhalten. Auch bei diesem während der Dienstzeiten auf ein Bier vorbeizuschauen, führe zu besseren Schichten.
Wer nicht mitspiele, dem drohen Überstunden-Kürzungen oder es werden Dienste so eingeteilt, dass es keine Zulagen gibt. Auch bei der Wochenruhe werde zu Lasten unliebsamer Mitarbeiter getrickst, heißt es in dem Schreiben. Erst kürzlich behauptete ein ÖBB-Mann in einer internen Chatgruppe, dass man momentan in Krankenstand gehen müsse, um freizubekommen.
Ein Schreiben an die Vorgesetzten und Gespräche mit diesen haben jedenfalls keine Wirkung gehabt, behauptet der Lokführer. Auch bei einem von der Geschäftsführung organisierten Fest sei es ziemlich zugegangen. Alkoholisierte hätten neben den Schienen gefeiert, und es sei zu dem von Rechtsextremen missbrauchten "Song von Gigi D'Agostino mit Hitlerbärtchen getanzt" worden.
Düsterer Schlusssatz des Briefes: "Aber bitte fahren Sie weiter mit der Bahn, auch wenn die Sicherheit nicht mehr gegeben ist und die Kollegen ausgebeutet werden."
Das sagen die ÖBB zu den Vorwürfen
Die Bahn betont, dass "die vorübergehende Betriebseinstellung der S-Bahn-Stammstrecke am 25.08.2024 in keinerlei Zusammenhang mit den im Brief formulierten Umständen stand. Für die ÖBB hat die Sicherheit der Fahrgäste und der Mitarbeiter immer oberste Priorität. Dazu gehören unter anderem die Einhaltung der Wochenruhe und sämtliche gesetzliche arbeitsrechtliche Vorschriften sowie die Einhaltung des konzernweiten absoluten Alkohol- und Suchtgiftverbots."
In der ausführlichen Stellungnahme heißt es weiter: "Am Standort Matzleinsdorf sind über 400 Lokführer beschäftigt. Die Diensteinteilung durch die Personaleinsatzleiter erfolgt vor dem Hintergrund, dafür Sorge zu tragen, dass die Einsätze sowohl produktiv als auch wirtschaftlich geplant sind. Absolute Priorität bei der Dienstplangestaltung haben arbeitsrechtliche Vorschriften, inklusive der Einhaltung der Wochenruhe (...) Nicht immer gelingt das in gewünschtem Ausmaß, was zu Unstimmigkeiten führen kann."
Betont wird, dass "in Übereinstimmung mit der Einhaltung der höchsten Sicherheitsstandards, ein absolutes Alkohol- und Suchtgiftverbot herrscht. Dessen Einhaltung wird durch regelmäßig durchgeführte Stichproben durch Führungskräfte gewährleistet."
Zum Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit herrsche "bei den ÖBB eine ganz klare Null-Toleranz-Politik. Der beschriebene Vorfall wurde deswegen sofort eingehend untersucht. In Gesprächen mit den Standorleitern wurde festgestellt, dass das Lied "L'amour toujours" in der Originalfassung von Gigi D'Agostino gespielt wurde."
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