Ein Jahr nach umstrittenem Obdachlosen-Video: Mahrer will Lösungen
Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer steht auf der Mariahilfer Straße. In der Hand ein Handy, mit dem er die Polizei ruft, weil er einen auf einer Parkbank schlafenden Mann entdeckt hat. All das wird für eines der umstrittenen PR-Videos Mahrers gefilmt, die vergangenes Jahr für Diskussionen gesorgt haben.
Er wird beim Telefonieren von dem grünen Bezirksrat Silvio Heinze entdeckt, der das twittert. Der Aufschrei in der Öffentlichkeit ist groß. Selbst die Polizei stellt auf den Sozialen Medien fest: "Ein Mittagsschlaferl ist kein strafbares Verhalten."
Wenige Tage später wird das Video von der ÖVP dennoch veröffentlicht, wenngleich ohne der Telefonszene. Mahrer wird außerhalb und auch innerhalb der Partei kritisiert. „Mein Lernprozess ist, dass ich Botschaften, die komplex und sehr sensibel sind, nicht mehr in nur 35 Sekunden darstelle“, wird Mahrer später im KURIER-Interview sagen.
Thema wieder auf der Agenda
Jetzt, ein Jahr später, will Mahrer das Thema wieder aufgreifen, dann am eigentlichen Inhalt will er festhalten.
„Die Situation ist für die betroffenen Obdachlosen weder sicher noch menschenwürdig“, sagt Mahrer. „Wir sehen gerade auf der Mariahilfer Straße mittlerweile auch ein gesteigertes Konfliktpotential mit den Anrainerinnen und Anrainern. Hier muss endlich geholfen werden.“
Dafür habe die Wiener ÖVP Lösungsvorschläge erarbeitet , denn - das kann man sich bei der Stadtpartei nicht verkneifen – anderen Politikern sei es damals wichtiger gewesen, „über Twitter und Medien ihre Empörung kundzutun, anstatt das Problem konstruktiv zu lösen“.
Helpline gefordert
Einer der Vorschläge ist etwa eine Obdachlosen-Helpline, an die man sich wenden kann, wenn man wohnungslose Menschen im öffentlichen Raum trifft. Als Vorbild könnte das schon etablierte Kältetelefon dienen. Dann müsste man auch nicht, wie Mahrer bei der Telefonszene, die Polizei rufen, sondern hätte einen direkten Draht zu Sozialarbeitern.
Zudem solle die Anzahl der geeigneten Unterbringungsplätze geprüft werden, es brauche mehr Personal in der Sozialarbeit und deren Präsenz solle deutlich sichtbar rund um die Uhr zu sehen sein.
Einen besonderen Fokus will Mahrer auf Obdachlose aus dem EU-Ausland legen, die "in Wien campieren, weil es hiersicherer ist als in ihrem Heimatland".
Auch Grüne stellen Maßnahmen vor
Auch die Wiener Grünen haben vor wenigen Tagen einen eigenen 6-Punkte-Plan vorgestellt – und zwar mit einem ambitionierten Ziel: Wien soll die erste europäische Metropole werden die Wohnungslosigkeit beendet.
Gefordert wird unter anderem ein Ausbau der Delogierungsprävention, maximal ein Viertel des Einkommens soll für das Wohnen verwendet werden müssen und bei Widmungen soll sozialer Wohnbau Vorrang haben.
Beide Parteien argumentieren mit der gestiegenen Anzahl von Wohnungslosen in Wien. Tatsächlich belegen lässt sich das allerdings nicht.
Die aktuellsten Zahlen des Fonds Soziales Wien stammen aus dem Jahr 2022 und diese weisen sogar einen leichten Rückgang auf. In einzelnen Sektoren der Kundenbetreuung werde ein Anstieg verzeichnet, etwa bei den weiblichen Kundinnen. Das wertet man beim FSW allerdings sogar als gutes Zeichen. Gerade bei Frauen ist die versteckte Obdachlosigkeit sehr hoch, wenn die durch die Beratungen erreicht werden, sei das also positiv.
Daniela Unterholzner, Leiterin des Neunerhauses, hat hingegen bereits im Juni davor gewarnt, dass die Obdachlosigkeit ansteigen könnte, weil für immer mehr Menschen das Geld zum Leben nicht mehr ausreiche und es Überwindung koste, Hilfe zu suchen.
Auch wenn die Zahlen jetzt noch nicht gestiegen sind, hat Wiens Caritas-Direktor Klaus Schwertner hat eine Erklärung für den subjektiven Eindruck: Da die Winterhilfe ausgelaufen ist, gibt es weniger Plätze. „Das merkt man natürlich im Stadtbild.“
Wien habe sich generell vorbildlich entwickelt, was die Wohnungslosenhilfe betrifft, sagt Schwertner, aber: "Es schadet nie den Finger in die Wunde zu legen."
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