Multimillionär ging mit Messer auf Sachwalter los

Multimillionär ging mit Messer auf Sachwalter los
Prozess: 61-jähriger Wiener fühlte sich um sein Geld gebracht: "Messer ist unglücklicherweise da gelegen." Bedingte Einweisung.

Der Mann könnte ein sorgloses Leben führen: Er hat geerbt. Und zwar sehr viel. Der Wiener besitzt etliche Zinshäuser, hat mehrere Millionen an Vermögen auf der hohen Kante. Stattdessen sitzt er Freitagvormittag in einem kleinen, stickigen Verhandlungssaal im Landesgericht für Strafsachen in Wien. Dem 61-Jährigen wird vorgeworfen, seinen Sachwalter mit einem Messer ins Gesicht gestochen zu haben. Der Übergriff ging glimpflich aus: Ein Amtsarzt stellte nur eine Stichverletzung mit 0,5 Zentimeter Größe fest. Doch es hätte schlimmer kommen können. Weil der Mann damals allerdings nicht zurechnungsfähig war, geht es vor Gericht um eine mögliche Einweisung in den Maßnahmenvollzug.

Herr S. hat ein Problem: Er trinkt zu viel. Und das schon sehr lange. "Chronischen Alkoholismus", nennt das der psychiatrische Gutachter Peter Hofmann. Dazu kommt noch eine emotionale Instabilität. In Kombination macht das eine Persönlichkeitsstörung. "Alkoholiker bekommen oft Verfolgungswahn."

Streit ums Geld

Der Betroffene jedenfalls fühlte sich von seinem Sachwalter, einem Anwalt, um sein Vermögen geprellt. Rechtsanwalt Elmar Kresbach rechnet vor: "Allein in einem Jahr hat der Kollege 131.734,87 Euro für seine Tätigkeit abgerechnet." Das war für Herrn S. zu viel. Sein Sachwalter hätte ihn außerdem mehrmals in die Psychiatrie einweisen lassen wollen, berichtet er. Dass es schon im Vorfeld zwischenmenschliche Probleme gab, ist aktenkundig. In einem Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes hieß es: Der Betreute hegte von Beginn an große Vorbehalte und Abneigung gegen den Erwachsenenvertreter." Dem widerspricht der Staatsanwalt. "Das ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehr."

Am 20. März eskalierte die Situation. Der Anwalt und sein Sohn hatten Herrn S. in seiner Wohnung aufgesucht. Es sei anfangs ein höfliches Gespräch gewesen, erinnern sich alle Beteiligten. Doch dann geriet man in einen Streit. Herr S. soll daraufhin die Wohnungstür von innen verschlossen, den Schlüssel hinter die Couch geschmissen und zum Küchenmesser gegriffen haben. Zuvor soll er laut Anwalt gesagt haben: "Sie werden heute sterben. Sie kommen hier nicht lebend raus."

"Er ist ein notorischer Lügner", sagt Herr S. Er habe nach dem Stich nur gesagt: "Jetzt schaust du endlich so aus, wie du bist." Nach dem Übergriff, so erinnert sich Herr S., hätte er jedenfalls selbst eine volle Flasche Wein über den Kopf gezogen bekommen. "Das war ein Mordversuch."

Botanische Weisheiten

Der Staatsanwalt hakt ein: "Was kann passieren, wenn man jemandem ins Gesicht sticht?" Derartige Fragen nerven den Betroffenen. "Dann wachsen die Blumen in meinem Garten besser."

Seit dem Vorfall hat Herr S. keinen Alkohol mehr getrunken, er wird medizinisch betreut. Das macht sich bezahlt. Er wirkt klar. "Sein Zustand hat sich deutlich verbessert", sagt auch Gutachter Hofmann. Und er schlägt deshalb eine bedingte Einweisung vor. Doch Herr S. müsse sich an Auflagen halten: Eine Alkohol-Therapie. "Er kann sich ja die beste leisten, die es gibt." Und regelmäßige Kontrollen.

Das Gericht folgte dem Vorschlag des Sachverständigen und sprach eine bedingte Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus; rechtskräftig. Bedeutet: Hält sich Herr S. an die Vorgaben, bleibt er in Freiheit.

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