Margareten: ÖVP-Stratege Alexander Biach und die sieben Zwerge
Wenn Alexander Biach heute, Montag, in seinen politischen Heimatbezirk Margareten kommt, um sich im Amt des ÖVP-Bezirksparteichefs bestätigen zu lassen, hat er eine besondere Auszeichnung im Gepäck: Nur wenige Stunden zuvor wird ihm die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler das Ehrenzeichen der Republik Österreich verliehen haben.
Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Denn Biach gilt als Mastermind hinter dem rot-türkisen Widerstand gegen die Verkehrspolitik der grünen Ministerin. Bei ihm laufen – auch in seiner Funktion als Wiener Standortanwalt – die Fäden der Lobautunnel-Befürworter zusammen.
Eine Rolle, in der sich Biach gefällt. Der breiten Öffentlichkeit ist er nicht bekannt, er gilt als gut vernetzter Stratege hinter den Kulissen. Er ist überzeugter Großkoalitionär, sozialisiert in der Wirtschaftskammer und in der Sozialversicherung. Mehrere Jahre lang war er Chef des Hauptverbands.
Als Sozialminister gehandelt
Als Türkis-Blau im Entstehen war, wurde Biach gar als Sozialminister gehandelt. Dass er sich in den Verhandlungen zu sehr für die Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern eingesetzt hat, soll ihm letztendlich den Posten gekostet haben.
Einen anderen Posten hat er erst vor wenigen Wochen zurückerhalten. Den des Vizeparteichefs in der ÖVP Wien. Unter Manfred Juraczka bekleidete er dieses Amt, bevor ihm in der türkisen Ära seine Nähe zur Stadt und zur Wiener SPÖ zum Verhängnis wurde. Bei der ÖVP-Listenerstellung vor der Wien-Wahl 2020 war klar: Nicht einmal ein Gemeinderatsmandat wird sich für Biach ausgehen.
Unter dem heutigen Wiener ÖVP-Obmann Karl Mahrer, der eine rot-türkise Koalition als nächstes Wahlziel ausgibt, kann Biach seine Stärken ausspielen. Was ihn einst aufs Abstellgleis geführt hat, wird nun zu seinem Asset.
Biach genießt das Vertrauen von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), der ihm als Standortanwalt mehr Rechte einräumt, als es seine Kollegen in anderen Bundesländern haben. Und er hat ein enges (obwohl nicht immer friktionsfreies) Verhältnis zum Wiener Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck.
Pflege und Verkehr
Er wolle gestalten, heißt es über Biach. Und er nehme dabei auf alte ideologische Positionen wenig Rücksicht. Das „ewige Nörgeln“ sei ihm ein Dorn im Auge. Dass er mitunter die Parteilinie abändert, hat er mehrfach bewiesen. So war es Biach, der sich einst plötzlich für Begegnungszonen in Einkaufsstraßen aussprach – und damit den Widerstand der Unternehmer ein für alle Mal beiseite wischte.
Wie im Großen, so im Kleinen: Margareten, wo Biach die Bezirks-ÖVP anführt, ist ein Testgelände für seine Art, Politik zu machen. Die regierende Bezirks-SPÖ ist schwer zerstritten mit den Grünen, die ÖVP sei „das Zünglein an der Waage“, sagt Biach. Er habe der SPÖ deshalb sein „Interesse an einer Zusammenarbeit“ bekundet. Mit Erfolg, wie er sagt: Die ÖVP habe viele ihrer Forderungen durchgebracht.
Etwa mit Blick auf das Gesundheits- und Pflegethema, auf das Biach setzen will: Margareten erhält 2022 ein Primärversorgungszentrum. Das sei auch ein Verdienst der ÖVP. Der Bezirk sei „massiv überaltert“, von 55.000 Bewohnern sind rund 8.000 über 65 Jahre alt, 2.600 Pflegegeldbezieher leben hier. Für sie alle will Biach Angebote schaffen, etwa ein Generationencafé.
Reinprechtsdorfer Straße
Auch am größten Thema des 5. Bezirks kommt er nicht vorbei: der Reinprechtsdorfer Straße. Seit Jahren streiten SPÖ und Grüne über die Details der Umgestaltung.
Beim ÖVP-Bezirksparteitag wird Biach daher über „Die Reinpi und die sieben Zwerge“ referieren – ein Seitenhieb auf die „vielen sinnlosen Kleinigkeiten, über die die rot-grünen Zwerge diskutieren“, wie er sagt. „Lieber streiten sie, wo ein Baum und wo eine Sitzbank stehen, statt das große Ganze zu sehen.“
Worum es gehe: Er wolle (um bei den Märchen zu bleiben) die in die Jahre gekommene Einkaufsstraße „wachküssen“. Gelingen soll das im Zuge des U-Bahn-Baus. Die künftige U2-Station an der Straße soll Kunden anlocken. Seit 2010 sinken die Passantenzahlen kontinuierlich, wie ein Kurzbericht zeigt, den Biach als Standortanwalt anfertigen ließ. Der Branchen-Mix unter den 140 Händlern ist nicht optimal, der Leerstand liegt bei 13 Prozent.
Was die Straße brauche, sei „mehr Flair“, sagt Biach. Er fordert einen „hippen Markt“ für den Siebenbrunnenplatz. Derzeit friste der Platz als
„puristisch-asphaltierte Zone ein bescheidenes Dasein“. Mit dem Markt könne man den „vergifteten Apfel“ (und wieder eine Schneewittchen-Analogie) entfernen und durch „viele frische ersetzen“.
Zumindest die Frage, ob Biach in der Geschichte am Ende der Prinz sein wird, ist noch offen.
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