Kohl und Deutsch am Fließband: Was Flüchtlinge im Pensionisten-Wohnhaus lernen

Ramin Hashemi nimmt am Projekt "Arbeitsintegration" teil.
Zehn Pensionisten-Wohnhäuser in Wien bilden seit Kurzem 22 Flüchtlinge zu Küchenhilfen aus.

Zügig gleiten die Tabletts über das Fließband. Schalen mit Suppe stehen schon darauf, flache Teller mit Kohlgemüse oder Gulasch auch. Fehlen nur noch die Beilagen. Die schaufelt Ramin Hashemi aus metallenen Behältern auf die Teller: einen Schöpfer Kartoffelpüree zum Kohl, einen Semmelknödel zum Gulasch.

250 solche Tabletts bestücken die Küchenmitarbeiter im Pensionisten-Wohnhaus in der Grinzinger Allee jeden Mittag. Seit vier Wochen helfen ihnen Flüchtlinge dabei – und zwar im Zuge des Projekts „Arbeitsintegration“.

Kohl und Deutsch am Fließband: Was Flüchtlinge im Pensionisten-Wohnhaus lernen

Die Mitarbeiter warten auf das nächste Tablett.

Hashemi ist einer der 22 Teilnehmer. Normalerweise steht er im Pensionisten-Wohnhaus Penzing in der Küche. Zur Präsentation des Programms ist der 28-Jährige extra nach Döbling gekommen.

Bessere Chancen am Arbeitsmarkt

Die Idee dahinter: Flüchtlinge, die entweder noch auf ihren Asylbescheid warten (Asylwerber) oder fix in Österreich bleiben dürfen (Asylberechtigte), erlernen die wichtigsten Tätigkeiten von Küchenhilfen. Das soll ihre Chancen auf eine fixe Stelle steigern.

„Ziel ist, den Fachkräftemangel zu bekämpfen und einen niederschwelligen Eintritt in den Arbeitsmarkt zu bieten“, sagt Robert Guschelbauer, Leiter des Gastro-Bereichs im Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser (KWP). Zehn der insgesamt 30 Standorte nehmen teil.

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Hashemis Arbeitsgeräte.

„Für mich ist das die erste richtige Arbeit“, erzählt Hashemi. Vor vier Jahren flüchtete der 28-Jährige mit seiner Frau und seinen vier Kindern nach Österreich. Die Familie stammt aus Afghanistan, wegen des Krieges lebte sie zuletzt im Iran. Dort jobbte Hashemi als Installateur und in Restaurants.

Weil Asylwerber in Österreich nur wenige Jobs annehmen dürfen, arbeitete er zunächst ehrenamtlich für die Diakonie. Vor sechs Monaten bekam Hashemi dann seinen positiven Asylbescheid.

202 Stellen offen

Was er in der Ausbildung bisher gelernt hat? „Gemüse waschen und Gemüse schneiden. Und Suppe kochen“. Mindestens genauso wichtig für den jungen Mann: sein Deutsch zu verbessern. „Ich habe Kontakt zu den Kollegen, da geht das viel leichter als im Kurs.“

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Am Mittwoch wurde Hashemi bei der Arbeit gefilmt.

Finanziert wird das Projekt vom Arbeitsmarktservice (AMS), vom Fonds Soziales Wien und vom KWP. Kostenpunkt pro Jahr: 200.000 Euro. Eine Art Lehrgeld zusätzlich zum ohnehin ausbezahlten AMS-Taggeld bzw. zur Grundversorgung erhalten die Teilnehmer nicht. „Das ist gesetzlich nicht erlaubt“, sagt Guschelbauer.

Wenn Hashemi das Programm in einem Jahr abgeschlossen hat, wird er sich am Arbeitsmarkt gegen viele Konkurrenten behaupten müssen: 40 Prozent der arbeitslosen Küchenhilfen in Österreich kommen aktuell aus Wien – das sind 3.610 Personen. Offen waren aber nur 202 Posten. Die meisten Stellen gab es in Oberösterreich (285) und Tirol (221).

Hashemis Kinder gehen noch zur Schule – deshalb möchte er auch nach Ende des Programms in Wien arbeiten. Und er weiß auch schon, wo: „Am liebsten in einem Pensionisten-Wohnhaus.“

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