Integrationsbericht 2019: Zuwanderung ging zurück

Frauen bleibe der Zugang zum Arbeitsmarkt oft verwehrt, kritisiert der Expertenrat.
Arbeitsmarkt und Bildungssystem bleiben die größten Herausforderungen punkto Integration, meinen Experten.

Die Anzahl der Asylanträge ist von 88.000 im Jahr 2015 auf 13.000 im Vorjahr gesunken, die Nettozuwanderung von 113.000 auf 35.000 Personen. Insgesamt stieg die Zahl der in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund innerhalb von fünf Jahren aber um 400.000 auf 2,02 Millionen an. Das besagt der Integrationsbericht 2019.

Politisch sei noch viel zu tun, betonten Außen- und Integrationsminister Alexander Schallenberg sowie die Mitglieder des Unabhängigen Expertenrates für Integration bei der Präsentation des Berichts am Mittwoch. Vielen Flüchtlingen stehe ein harter Integrationsweg bevor.

Aufholbedarf haben Zuwanderer und speziell Flüchtlinge insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Zwar nahm die Zahl der Personen mit Migrationshintergrund in Beschäftigungsverhältnissen markant zu, die Arbeitslosenquote war bei Ausländern im Vorjahr mit 11,3 Prozent jedoch deutlich höher als bei Österreichern (6,7 Prozent). Mit 41 Prozent waren insbesondere Afghanen, Syrer und Iraker arbeitslos. Das habe nicht zuletzt damit zu tun, dass Frauen in patriachalen Gesellschaften der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt bleibe.

Mehr Asylberechtigte beziehen Mindestsicherung

Die Entwicklungen am Arbeitsmarkt beeinflussten auch die Anzahl der Mindestsicherungsbezieher. Davon gab es im Vorjahr bundesweit zwar „nur“ mehr 308.200 – und damit um 20.600 weniger als 2017. Während die Zahl inländischer Bezieher aber um zehn Prozent sank, erhöhte sich die Anzahl jener mit ausländischer Staatsangehörigkeit um ein Prozent. Das stehe in direktem Zusammenhang mit der zunehmenden Anzahl an positiv abgeschlossenen Asylverfahren, erklärt die Leiterin des Expertenrates, Katharina Pabel.

So machen Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte knapp ein Drittel der Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung aus. In Wien leben mit 59 Prozent die meisten Bezieher.

Sprachförderung

Herausforderungen punkto Integration ortet der Expertenrat auch im Bildungssystem. So verwendeten im Schuljahr 2017/18 laut Bericht rund 26 Prozent der Schüler nicht Deutsch als Umgangssprache. Das sei im EU- und OECD-Schnitt überproportional hoch. In Wien liegt der Anteil gar bei 52 Prozent. Hier werden verstärkte Förderungen empfohlen. Dafür müsse in Sprachunterricht investiert und außerschulische Jugendarbeit forciert werden.

An die nächste Bundesregierung richtet der Expertenrat den Appell, weiter in Deutsch- und Wertekurse für Zuwanderer zu investieren.

Gleichberechtigung fördern

Viel zu tun habe die Politik noch in puncto Förderung der Gleichberechtigung. Die sei in Österreich zwar gesetzlich verankert, scheitere aber an der Einstellung in patrachal geprägten Communitys, meint Emina Saric vom Expertenrat. So würde Frauen und Mädchen zum Teil gezielt der Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt vermehrt, vielen sei der Besuch von Deutschkursen verwehrt und die Ehefrau- und Mutterrolle vorgeschrieben.

"Diese Tendenz ist auch in der zweiten Generation zu erkennen. Dazu gehören auch Kleidungsvorschriften und die Kontrolle von Handys und Facebook. Bei abweichendem Verhalten drohen den Frauen Ausgrenzung, pychische und auch physische Gewalt." Dies dürfe aber nicht durch Kultur, Tradition und Religion gerechtfertigt werden, sagt Saric - die in diesem Zusammenhang auf gezielte Information und Bewusstseinsarbeit pocht.

Die Parteien reagieren auf den Integrationsbericht unterschiedlich: Während SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz vor allem die türkis-blaue Integrationspolitik, „die Kürzung von Geldern und das Ausspielen von Menschen gegeneinander“ kritisiert, ist die ÖVP mit den Entwicklungen zufrieden, sieht aber noch Handlungsbedarf: Eine „linke Politik von Rot-Grün-Pink“ würde alle bisherigen Fortschritte zunichtemache, warnt der türkise Integrationssprecher, Karl Nehammer.

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