Kern und Ludwig auf Tour: Ein Kipferl für den Parteifrieden

Die SPÖ-Politiker Ludwig und Kern lächeln den Richtungsstreit beim Frühstück weg
Wiener Bürgermeister Ludwig und Parteichef Kern sind nach Kurs-Debatte in der SPÖ um Versöhnung bemüht.

Bis ein Teigdreieck mit Nugatklecks zum Kipferl geformt ist, dauert es in der Ankerbrotfabrik nicht einmal zehn Sekunden: Mit einer einzigen Bewegung aus dem Handgelenk rollen die Arbeiter die flachen, blassen Stücke auf. Nur ein Mann am Fließband hinkt hinterher: Es ist der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Hinter ihm – mit weißen Mantel über dem Slimfit-Anzug – steht Parteichef Christian Kern und lugt ihm über die Schulter.

Die beiden sind nach Favoriten gepilgert, um den Auftakt der sogenannten Stadt-Land-Zukunft-Tour der SPÖ zu begehen – und nach den Diskussionen um das neue rote Parteiprogramm vor versammelter Presse Einigkeit zu demonstrieren.

Grund für die Aufregung war Hans Peter Doskozil. Als der frühere Verteidigungsminister unlängst davor warnte, dass sich die SPÖ mit einer „grün-linken Fundi-Politik“ à la longue bald „selbst abschafft“ und einen Fokus auf Migration einforderte, erteilten dem Burgenländer nämlich mehrere rote Spitzenfunktionäre einen Rüffel. Nur dem Wiener Bürgermeister kam kein derartiger Kommentar über die Lippen – was als Zustimmung gewertet wurde. Gemeinsames Scherzen und Philosophieren über Brot sollte nun über diesen Graben hinweghelfen.

Kern auf Österreich-Tour

Anlaufschwierigkeiten

Der Auftakt verlief jedoch nicht gerade optimal: Ludwig lässt Kern über 20 Minuten auf sich warten. Für die Fotografen schütteln die SPÖ-Politiker vor der Portiersloge einander emsig die Hände, in der Produktionshalle gehen sie meistens getrennte Wege. Während sich Ludwig etwa noch mit den Spalier stehenden Lehrlingen unterhält, geht Kern mit den Betriebsräten voraus und lässt sich erklären, wie das Mehl angeliefert wird.

Ludwig habe ihn nicht enttäuscht, beteuert Kern nach dem Stopp bei der Kipferlfertigung. „Das Gegenteil ist der Fall“, erklärt er durch das Dröhnen der Maschinen. „Die Diskussion war insgesamt ein bisschen an der Sache vorbei, weil für alle in der SPÖ klar ist, dass das Thema Migration wichtig ist.“ Auch Ludwig kalmiert: „Wenn nicht alle einer Meinung sind, ist das ein Zeichen von innerparteilicher Demokratie. Darauf muss man nicht so heftig reagieren – ich kann mich beherrschen.“ Eine „grün-linke Fundi-Politik“ in der eigenen Partei fürchte er nicht, betont er.

Ellensohn will Kante gegenüber SPÖ

Nach einem derartigen Kurs strecken sich in Wien derzeit eher die Grünen als die SPÖ. Im Zuge des Wettkampfs um die Spitzenkandidatur kündigte allen voran Rathaus-Klubchef David Ellensohn einen schärferen Kurs gegenüber Ludwig an. „Ich mische mich da nicht ein“, sagt Ludwig. „Das Ziel der Grünen kann aber nicht sein, sich ausschließlich mit dem Koalitionspartner auseinander zu setzen.“

In einem sind sich Kern und Ludwig zumindest einig: Ins Bäckergewerbe umsatteln wollen sie nicht. „An einen Wechsel denke ich derzeit nicht“, sagt der Bürgermeister. Kern: „Ich bin eher der Spaghetti-Koch.“

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