Gudenus und Marković: Eine zweifelhafte Freundschaft

Ein Tänzchen in Ehren: Gudenus (links) und Marković.
Der Wiener FPÖ-Vize-Bürgermeister Johann Gudenus sorgt mit einem Treffen mit dem umstrittenen serbischen Politiker Dragan Marković für Aufregung. Doch nicht nur die FPÖ hat Kontakte zu dem homophoben Bürgermeister mit zweifelhaftem Ruf.

Ein hochgewachsener Mann in blauem Slimfit-Sakko und ein gedrungener Glatzkopf im schwarzen Einreiher stehen hinter einer langen Tafel und versuchen sich in tanzähnlichen Verrichtungen. Ein Video dieser skurril anmutenden Tanzeinlage macht aktuell im Internet die Runde. Denn bei den beiden Männern handelt es sich um Johann Gudenus und Dragan Marković. Der eine Vize-Bürgermeister der Stadt Wien und für die FPÖ nicht amtsführender Stadtrat ebendort. Der andere serbischer Unternehmer und Politiker von zweifelhaftem Ruf. Dem Tänzchen vorangegangen war eine herzliche Begrüßung, Umarmung inklusive.

Als Bürgermeister hat der 57-jährige Marković der 40.000-Einwohner Stadt Jagodina einen Zoo finanziert und lädt jährlich die besten Studenten der Stadt zu einem Kurzurlaub nach Wien ein, zuletzt Ende Oktober. Dort besuchen sie die Sehenswürdigkeiten, gehen mit dem von Marković gestellten Taschengeld shoppen, und am Abend gibt es ein großes Festdiner inklusive Privatkonzert der serbischen Kultmusikerin Ceca, der Witwe des serbischen Kriegsverbrechers Željko "Arkan" Ražnatović. Ebenfalls anwesend: Johann Gudenus.

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In Serbien gibt es ein geflügeltes Wort: Serbien sei das Land, in dem Staatsgeheimnisse öffentlich sind und Offensichtliches geheim. Besonders gilt das für die Profiteure der Jugoslawienkriege, deren Verwicklungen in dunkle Geschäfte weithin bekannt, aber nicht belegbar ist. Auftritt Dragan "Palma" Marković. Selbst seine Kritiker gestehen dem Bürgermeister der Kleinstadt Jagodina eine schillernde Persönlichkeit zu. Von lächerlicher Figur bis zum durchaus ehrfürchtig gemeinten "Fürst von Jagodina" reichen die Zuschreibungen. Fast alle sehen in Marković jedenfalls einen klassischen Kriegsprofiteur.

1960 als Sohn eines kleinen Ziegelstein-Produzenten in Koncarevo geboren, eröffnete er in seinen Zwanzigern in Jagodina sein erstes Lokal, dessen Namen "Palma" er bis heute als Spitznamen trägt. Heute steht er unter anderem mehreren Unternehmen vor und besitzt einen eigenen TV-Sender Palma Plus, der im Großteil Serbiens zu empfangen ist. 1995 wurde er zum besten Manager und Unternehmer Serbiens erklärt.

Berüchtigte Wegbegleiter

Gudenus und Marković: Eine zweifelhafte Freundschaft
BILD zu OTS - Dragan Markovic Palma mit Vizebürgermeister Gudenus
Wie er zu diesem Reichtum gekommen ist, liegt allerdings größtenteils im Dunkeln. Bei manchen Wegbegleitern von Palma Marković sind die Machenschaften besser dokumentiert. 1992 gründete er im Alter von 33 zusammen mit Željko Ražnatović und Borislav Pelević die "Partei der serbischen Einheit". Ražnatović – Kampfname Arkan – war zu diesem Zeitpunkt alles andere als ein Unbekannter: Er und seine Freiwilligengarde waren während der Jugoslawienkriege weithin gefürchtet. "Arkans Tiger", unter ihnen auch Borislav Pelević, taten sich bei den ethnischen Säuberungen durch besondere Brutalität hervor. Unter anderem wird ihnen die Tötung von mehr als 100 Patienten des Krankenhauses von Vukovar und von mehr als 200 Zivilisten in Bijeljina zugerechnet.

Im Wahlkampf warb er mit dem Slogan "Arkan! Mutig im Kriege – weise im Frieden" um Stimmen. Zeit ihres Bestehens kam die Partei über ein paar wenige Sitze in der Nationalversammlung allerdings nicht hinaus. Nach dem Tod Arkans, der Anfang 2000 unter nicht endgültig geklärten Umständen in der Lobby des Hotel Intercontinental in Belgrad erschossen wurde, zerfiel die Partei. Über den Tod Arkans hinaus blieb Palma mit dessen Witwe Ceca eng befreundet. Diese tritt immer wieder in Markovic‘ Auftrag auf, auch bei der Veranstaltung am 1. November war sie an seiner Seite. 2003 saß sie wegen illegalen Waffenbesitzes vier Monate in Untersuchungshaft, 2011 wurde sie wegen Untreue zu einem Jahr Hausarrest verurteilt.

Verurteilt wegen Hetze gegen Homosexuelle

Weithin bekannt ist Marković auch für seinen offen zur Schau gestellten Hass auf Homosexuelle. So erklärte er etwa, er garantiere, unter ihm als Bürgermeister würden in Jagodina "keine Schwulen leben". 2011 wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er Homosexualität als Krankheit bezeichnet hatte. Mit einer Anekdote am Rand seines letzten Wien-Besuchs schaffte er es sogar in die serbische Satiresendung 24 minuta. Als er in Wien zu einer Fußgängerampel mit einem ein homosexuelles Paar symbolisierenden Ampelpärchen kam, wählte er lieber einen Umweg, als über den von Schwulen geregelten Schutzweg zu gehen.

Wegen seiner Auslandskontakte steht Johann Gudenus nicht zum ersten Mal in der Kritik: In der Vergangenheit sorgten Besuche in Moskau auf Einladung russischer Nationalisten und die unklare Finanzierung ebendieser für Aufregung. Im konkreten Fall ist die FPÖ allerdings nicht die einzige Partei, die mit dem "Fürsten von Jagodina" in Kontakt steht: Im Jahr 2010 empfing Harry Kopietz, Präsident des Wiener Landtags aus den Reihen der SPÖ, Dragan Marković beim erstmaligen Besuch der serbischen Studenten in Wien und noch einmal im Jahr 2015. Marković sei in seiner Funktion als Landtagspräsident von Jagodina empfangen worden, die Treffen seien "korrekt und nach Protokoll abgelaufen", einer Gegeneinladung nach Jagodina wurde allerdings nicht Folge geleistet, heißt es auf Anfrage aus dem Büro des Landtagspräsidenten.

Gudenus und Marković: Eine zweifelhafte Freundschaft
Landtagspräsident Kopietz (re.) empfängt den Landtagspräsident der serbischen Stadt Jagodina Dragan Markovic (li.)
Johann Gudenus war am Montag aufgrund der Regierungsverhandlungen zu keiner Stellungnahme erreichbar. "Es stimmt, dass er mit Arkan in einer gemeinsamen Partei war, Palma sind aber nie Verbrechen vorgeworfen worden", sagte Konstantin Dobrilovic, im Büro Gudenus für internationale Angelegenheiten zuständig. Palmas Meinung zu Homosexuellen entspreche nicht jener der FPÖ. "Uns ist es wichtig, in die Zukunft zu blicken: Serbien ist wirtschaftlich für Österreich enorm bedeutend. Umso wichtiger sind gute Kontakte, die wir weiter aufrechterhalten werden."

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