Grüner Generationenwechsel: Nach Vassilakou geht Chorherr

Chorherr will die „neue Phase“ der Wiener Grünen nicht mehr als Berufspolitiker mitgestalten
Der Pionier tauscht das Rednerpult im Gemeinderat gegen den Backofen. Auch Rüdiger Maresch will sich zurückziehen.

Nur eine Woche nachdem Maria Vassilakou ihren Abgang terminisierte, zieht sich der nächste grüne Spitzenfunktionär zurück: Partei-Urgestein Christoph Chorherr verlässt rund um den Jahreswechsel den Wiener Gemeinderat – um Bäcker zu werden. „Es müssen neue Kräfte die Geschicke der Wiener Grünen leiten“, verkündete Chorherr am Montag. Er wird nicht der Einzige bleiben, der für eine neue Generation Platz macht.

„Für uns Wiener Grüne beginnt jetzt eine neue Phase“, erklärte der 57-Jährige per Video. Er denke schon „sehr, sehr lange“ nach, wann für ihn der Punkt erreicht sei, seine Phase nach 27 Jahren in der Kommunalpolitik zu beenden. Der scheidenden Vizebürgermeisterin streut Chorherr Rosen: Die vergangenen acht Jahre, in denen er mit ihr arbeitete, seien die schönste Zeit seiner Karriere gewesen. Chorherr war es auch, der Vassilakou den Aufstieg im Rathaus ebnete: Im Zuge parteiinterner Flügelkämpfe zog er sich 2004 als Klubobmann zurück und brachte sie in Stellung.

Kraus-Unterstützer

Bevor im November feststeht, wer wiederum die Vizebürgermeisterin beerben wird, habe er seinen Abgang öffentlich machen wollen, betonte Chorherr. Denn niemand solle vermuten, er ziehe sich zurück, weil er mit dem Ergebnis der Spitzenwahl unzufrieden sei. Keinen Hehl machte er erneut daraus, Peter Kraus zu favorisieren.

Grün-intern wird angezweifelt, ob Chorherr dem jungen Gemeinderat damit einen Gefallen tut. Denn der Planungssprecher steht für das Heumarkt-Projekt – das die Basis nach wie vor spaltet. Damit in Verbindung gebracht zu werden, bringt intern wenig Punkte. Detail am Rande: Wie die Wiener Zeitung berichtet, soll sich Hochhaus-Investor Michael Tojner bei den Grünen registriert haben, um den Spitzenkandidaten mitzuwählen. Aus der Landespartei heißt es dazu: "Wir geben zur Wahrung der Privatsphäre keinen Kommentar zu Spekulationen über etwaige Wähler und Nicht-Wähler ab."

Außerdem handelte sich Chorherr zuletzt öffentliche Kritik wegen der Spenden an seinen karitativen Verein ein. Personen aus dem Tojner-Umfeld gaben Geld für zwei Schulprojekte in Afrika.

Maresch will nicht mehr kandidieren

„Es ist legitim, dass man diesen Schritt nach 27 Jahren macht“, kommentiert Klubkollege Rüdiger Maresch Chorherrs Rückzug. Auch der Umweltsprecher will künftig nicht mehr im Stadtparlament sitzen. „Ich kandidiere nicht mehr“, sagt der 66-Jährige zum KURIER. Maresch ist seit 17 Jahren Gemeinderat – genauso wie Kultursprecher Martin Margulies. Der 53-Jährige überlegt noch, ob er sich wieder um einen Listenplatz anstellt. Margulies: „Wir können nicht alle gleichzeitig aufhören.“

Wer Chorherrs Mandat übernimmt, ist offen. Anspruch darauf hat Ewa Dziedzic. Sie kündigte aber unlängst an, sich verstärkt ihrer Arbeit als Bundesrätin widmen zu wollen. Lehnt sie ab, kommt die Neubauer Bezirksrätin Ursula Berner zum Zug.

Werdegang eines grünen Urgesteins

1960

Christoph Chorherr wird als  Sohn des inzwischen verstorbenen Ex-Presse-Chefredakteurs Thomas Chorherr geboren.  

1986

Als die Grünen in den Nationalrat einziehen, wird Chorherr Referent für Wirtschafts-, Verkehrs- und Energiepolitik. Fünf Jahre später besetzt er eines der sieben in Wien errungenen Mandate.

1997

Nach einem Jahr an der Spitze der Bundespartei wird Chorherr in Wien Klubobmann, nach seiner Ablöse 2004 bleibt er Gemeinderat. 

Christoph Chorherr kündigt Rückzug an

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