Großer Drogenfund war ein großer Irrtum
Es begann mit einem Missverständnis. Und endete auch so. Doch das könnte schlussendlich dem Staat teuer kommen.
Am 23. Juli 2020 wurde die Polizei zu einer Lagerhalle in Wien gerufen. Doch die Beamten verwechselten die Hallen, gingen zu einer falschen – und hier stieg ihnen ein intensiver Cannabis-Geruch in die Nase. Die Beamten folgten der Fährte und fanden eine Halle voll mit Cannabispflanzen. Insgesamt waren es 1.792 Stück.
In der Halle befanden sich drei Männer. Ein Kroate, ein Amerikaner und ein Tscheche. Gegen einen der Männer lag ein europäischer Haftbefehl wegen Suchtmittel-Delikten vor. Auf den Tischen vor ihnen lag Gras.
40 Polizisten ernteten
WEGA, Diensthundestaffel und Bereitschaftseinheit wurden beigezogen, insgesamt 40 Polizisten waren vor Ort. Es dauerte mehrere Stunden, bis die Hanfpflanzen abgeschnitten und abtransportiert waren.
Doch der vermeintliche Volltreffer erwies sich wenig später für die Polizei als Rohrkrepierer. Denn: Sie hatte keine „Drogenhanf“-Plantage gefunden, sondern eine ganz legale mit Nutzhanf.
Die Besitzer waren außer sich: Die Polizei hatte die gesamte Plantage zerstört. Nur 120 Pflanzen seien als Proben genommen worden, der Rest wurde einfach so abgeschnitten. Die gesamte Produktion war somit dahin, Lieferungen konnten nicht eingehalten werden, teure Mutterpflanzen mussten nachbestellt werden. Der Betrieb stand für mehrere Wochen still. Insgesamt wird der Schaden mit 270.000 Euro beziffert. Sie brachten beim Verwaltungsgericht Wien eine Maßnahmen-Beschwerde gegen die Polizei ein.
„Vielseitig verwendbar“
Und der Richter gab den Hanfbauern Recht. Die Polizisten hätten die Pflanzen nicht abschneiden müssen – zumindest nicht alle. Die Behörde kann nicht von vornherein von einer illegalen THC-Bepflanzung ausgehen. Es hätte genügt, eine Probe zu nehmen und die Halle zu versiegeln. „Jedem Beamten ist heute die Information zugänglich, dass es sich bei der Cannabispflanze um die alte, vielseitig verwendbare Kulturpflanze Hanf handelt, und dass die Berauschung nur eine ihrer zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten darstellt“, hielt der Richter fest.
Zudem hätte sich schnell klären lassen, wer Eigentümer ist (es lagen Dokumente herum). Erklärungsversuche der anwesenden Männer sollen forsch beantwortet worden sein: „Halt den Mund, bereite dich auf zehn Jahre Strafhaft vor.“
Ob die Firma den gesamten Schaden ersetzt bekommt, hängt nun davon ab, ob die Finanzprokuratur den Schaden auch anerkennt. Sonst droht das nächste Gerichtsverfahren.
CBD vs THC
Cannabidiol (CBD)
ist ein nicht psychoaktives Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf. Medizinisch soll es entkrampfend, entzündungshemmend und angstlösend wirken.
Tetrahydrocannabinol (THC)
Bei Marihuana, das in Europa auf dem Markt ist, liegt der THC-Gehalt bei etwa 10 Prozent. Legales CBD-Gras hat hingegen einen THC-Gehalt von unter 0,3 Prozent.
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