Sachslehner-Rücktritt "ist Paradebeispiel für schlechtes Verlieren"

Parteitag der ÖVP
Der frühere Wiener ÖVP-Chef Bernhard Görg wünscht sich eine "echte ideologische Debatte" in der Partei. Und: Eine "Mitte-Rechts-Politik" werde ohne Kurz nicht funktionieren.

Eigentlich, sagt Bernhard Görg, habe er einen Instinkt wie ein Pferd: Auf einen, der am Boden liegt, trete er nicht auch noch drauf. Laura Sachslehner hätte diesen seinen Grundsatz fast zum Umfallen gebracht. Denn Sachslehner habe ihn mit "ihrer Art", sagt Görg, "sehr geärgert".

Am Samstag war Sachslehner wie berichtet als Generalsekretärin der ÖVP zurückgetreten. Allerdings nicht, ohne ihrer Partei dabei noch etwas etwas auszurichten: "Wenn ein Asylwerber gleich viel bekommen soll wie viele Österreicher, die täglich aufstehen, arbeiten gehen und ihre Steuern zahlen, dann ist das nicht mehr meine Welt", sagte Sachslehner. Sie meinte damit den Klimabonus, den - wie ÖVP und Grüne ausverhandelt haben - auch Asylwerber bekommen. ÖVP-Klubobmann August Wöginger hatte Sachslehner zuvor in die Schranken gewiesen. Für Bernhard Görg, der heute vor 30 Jahren ÖVP-Landesparteiobmann in Wien wurde, ist Sachslehners Rücktritt "ein Paradebeispiel für schlechtes Verlieren". "Zu den bürgerlichen Werten zählt auch der Grundsatz: pacta sunt servanda (lat. f. "Verträge sind einzuhalten"; Anm.). Das ist vereinbart mit den Grünen - und sich an Vereinbarungen zu halten, ist mindestens so ein großer bürgerlicher Wert, wie der Frage nachzugehen, ob Asylanten einen Klimabonus kriegen sollen oder nicht."

Sachslehner-Rücktritt "ist Paradebeispiel für schlechtes Verlieren"

Der frühere Wiener ÖVP-Chef Bernhard Görg 

Mitte-Rechts vs. Kurz

Dass Sachslehner nach ihrem Rücktritt Kolleginnen und Kollegen aus der Wiener Landespartei zur Seite gesprungen waren und seitdem von großen ideologischen Streiten innerhalb der ÖVP die Rede ist, will Görg "nicht überbewerten. Die kennen sich alle gut und sind gemeinsam in der Kurz-ÖVP sozialisiert worden. Daraus zu machen, dass sich mit der Bundespartei ein ideologischer Krach anbahnt, halte ich für lächerlich."

Auch an eine echte, richtungsweisende ideologische Debatte innerhalb der ÖVP glaubt Görg nicht. Und zwar "überhaupt nicht", wie er sagt. Nachsatz: "Wobei ich mir ja manchmal wünschen würde, dass wir echte ideologische Debatten hätten."

Und obwohl Görg, wie er sagt, den aktuellen Wiener ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch "sehr schätzt und sehr mag", sei es nicht, wie Wölbitsch in den sozialen Medien schrieb, ausschließlich die Mitte-Rechts-Politik der ÖVP gewesen, mit der die ÖVP bei der Wien-Wahl so gut abgeschnitten hat wie nie zuvor. "Es war vor allem die Ausstrahlung des Sebastian Kurz, die entscheidend war", sagt Görg. "Ohne Sebastian Kurz wird diese sogenannte Mitte-Rechts-Politik lang nicht so funktionieren, wie sie vorher funktioniert hat."

Kein Führungsproblem

Görg glaubt nicht, dass Bundesparteiobmann und Kanzler Karl Nehmammer wegen der Causa zur Disposition stehen könnte. "Man kann höchstens über die culpa in eligendo (lat. f. "Auswahlverschulden"; Anm.) diskutieren." Soll heißen: Vielleicht war es nicht Nehammers beste Entscheidung, Sachslehner an eine der sensibelsten Stellen einer Partei, jene im Generalsekretariat, zu setzen.

Görg: "Dass die Frau Sachslehner in dieser Form Abschied genommen hat, hat er sicher nicht so erwartet. Ich habe das auch nicht so erwartet. Daraus auf ein Führungsproblem des Karl Nehammer zu schließen, dafür ist die Causa zu unbedeutend."

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