"Delikt Abtreibung": Frauenschicksale vor der Fristenlösung

Demonstration
Warum Frauenarmut und illegale Abtreibungen im 20. Jahrhundert Hand in Hand gingen. Autorin arbeitete Wiener Gerichtsprozesse auf.

Marianne ist 20 Jahre alt, verheiratet, Mutter eines kleinen Kindes – und schwanger. Ihr Mann ist arbeitslos, sie leben im Kreis der Großfamilie in einem Zinshaus in Favoriten. Ein weiteres Kind kann sich die Familie auf keinen Fall leisten. Doch es ist das Jahr 1923 und Mariannes einziger Ausweg führt direkt in die Illegalität. Bei einer ehemaligen Hebamme lässt sie eine Abtreibung vornehmen. Doch sie wird denunziert, beide Frauen werden verhaftet und zu schwerem Kerker verurteilt.

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Mit diesem Fall beginnt die Sammlung von 49 Wiener Gerichtsfällen, die Autorin Sylvia Köchl in ihrem neu erschienenen Buch "Delikt Abtreibung“ recherchiert hat. Sie stammen aus den Jahren 1923 bis 1974 – bis in Österreich die Fristenlösung eingeführt wurde, mit der Abtreibung für Frauen unter bestimmten Bedingungen straffrei wurde.

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