Es war ein richtungsweisender Entscheid. Konservative Kräfte haben in den USA seit Jahrzehnten dafür gekämpft. Am 25. Juni 2022 hat der US-Supreme Court das Leiturteil im Fall Roe vs. Wade aus dem Jahr 1973 aufgehoben. Mit diesem Entscheid fällt das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Abtreibung. Etliche Bundesstaaten haben Eingriffe für Schwangerschaftsabbrüche verboten. Mit der Konsequenz, dass Frauen und Personen, die schwanger werden können, in den USA sehr weite Wege zurücklegen müssen, um einen sicheren Zugang zu Abtreibungen zu haben.
Supreme Court hält Zugang zu Abtreibungspille aufrecht
Freitagnacht hat der Supreme Court der USA wieder eine Entscheidung in Sachen Abtreibungs-Debatte getroffen. Der Oberste Gericht des Landes hat den Zugang zu einem Medikament für Schwangerschaftsabbrüche vorerst aufrechterhalten. Der Supreme Court lehnte in seiner aktuellen Entscheidung Zugangsbeschränkungen zu der Abtreibungspille Mifepriston ab, solange der Rechtsstreit dazu andauert. Ein vorläufiger Sieg für die Regierung von Joe Biden.
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Die Pille wurde bis dato für etwa die Hälfte aller medikamentösen Schwangerschaftsabbrüche verwendet.
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Globale Reaktionen waren schon nach dem Entscheid im Juni emotional. Sowohl von Abtreibungsgegnern als auch -befürwortern.
Verschärfte Abtreibungsgesetz auch in Polen und El Salvador
Tatsächlich sind die USA aber nicht der einzige Staat, indem die Hürden zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen immer größer werden. Weltweit haben einige Staaten die sexuell reproduktiven Rechte teils drastisch eingeschränkt. Schon 2021 wurden die Abtreibungsgesetze in Polen verschärft. Durchführenden Medizinern drohen harte Strafen. Dadurch sind mittlerweile einige Frauen gestorben, weil ihnen die Abtreibung verwehrt wurden, obwohl sie medizinisch notwendig gewesen wären. Grausames Beispiel: Ein 14-jähriges Mädchen mit geistiger Behinderung wurde nach einer Vergewaltigung durch ihren Onkel schwanger. Ihr Wunsch eines Schwangerschaftsabbruchs wurde gleich in mehreren Kliniken abgewiesen.
In El Salvador sitzen mehrere Frauen wegen eines Schwangerschaftsabbruchs im Gefängnis.
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- Ist Abtreibung ein Menschenrecht?
- Wie ist die rechtliche Lage in Österreich?
- Wird sich die Lage in Österreich verändern?
Abtreibung als Menschenrecht
1994 wurde bei der UN-Weltbevölkerungskonferenz (Kairo-Konferenz) auf internationaler Ebene festgehalten, dass jede Person, die schwanger werden kann, das Recht hat, selbst zu entscheiden, ob, wann und in welchen Abständen sie eine Schwangerschaft austragen möchte.
Die Frauenrechtsexpertin von Amnesty International Österreich Ronya Alev sagt im KURIER klar, "Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ist ein Menschenrecht". Die aktuellen Entwicklungen in Ländern wie den USA, Polen oder El Salvador sind für die ein Rückschritt der internationalen Menschenrechtsstandards.
Aber auch Österreichs-Abtreibungsgesetze sind in den Augen von in- und ausländischen Frauen- und Menschenrechtsexperten nicht frei von Kritik.
Denn Schwangerschaftsabbrüche sind in Österreich nach wie vor verboten. Durch die Fristenlösung sind sie aber bis zu 12. Schwangerschaftswoche straffrei. Nach Amnesty International gehöre der Passus auch in Österreich aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Die Kriminalisierung führe zu einer Stigmatisierung der Betroffenen, sagt Alev.
Frauenrechtlerinnen kritisieren auch, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine gesundheitliche Dienstleistung ist. Die Kosten werden daher nicht von der Krankenkasse übernommen, sondern müssen privat bezahlt werden. Dadurch sind die Kosten nicht reguliert und können zwischen 300 und über 1.000 Euro rangieren. "Damit werden sichere Abbrüche zur sozialen Frage", sagt die Frauensprecherin der Grünen Meri Disoski.
Abtreibungen passieren trotzdem, ohne sicheren Zugang können sie aber tödlich sein, sind sich die Politikerin und die Frauenrechtsexpertin einig. Disoski möchte eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
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"Keine parlamentarische Mehrheit"
Die Grün-geleiteten Ministerien für Justiz und Gesundheit äußern sich zurückhaltend. Aus dem Justizressort von Alma Zadić heißt es auf KURIER-Anfrage: "Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine bewusste, höchstpersönliche Entscheidung, die es zu akzeptieren gilt. Viel zu lang wurde in Österreich über die Körper von Frauen bestimmt. Dass Frauen heute die Möglichkeit haben, darüber zu entscheiden, ob sie ihre Schwangerschaft abbrechen möchten oder nicht, ist eine wichtige frauenpolitische Errungenschaft. Noch immer gibt es aber zu wenige Krankenhäuser und niedergelassene Ärzt:innen, die einen Abbruch durchführen. Außerdem müssen die Kosten derzeit noch selbst getragen werden. Was es braucht, ist ein leistbares, niederschwelliges und flächendeckendes Angebot für Schwangerschaftsabbrüche in Österreich."
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Aber: "Für Änderungen im Strafgesetzbuch gibt es derzeit keine parlamentarische Mehrheit.“
Das Büro von Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch lässt fast gleichlautend wissen: "Schwangerschaftsabbrüche waren viel zu lange ein gesellschaftliches Tabuthema. Dadurch wurde Frauen die sexuelle Selbstbestimmung und die freie Entscheidung, ob sie Kinder bekommen, verwehrt. Mein Ziel ist es, allen Frauen in Österreich, die das wünschen, den einfachen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu gewährleisten."
Wie man zu einer Streichung des Passus aus dem Strafgesetzbuch stehe?
"Dazu gibt es momentan keine parlamentarische Mehrheit", heißt es aus dem Gesundheitsministerium.
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