Tabuthema Abtreibung: "Ich habe es bis heute niemandem erzählt"
Der Eingang ist unscheinbar. Nur das kleine Schild an der Fassade verrät, was sich dahinter verbirgt: eine Klinik für Schwangerschaftsabbrüche. Und dennoch finden radikale Abtreibungsgegner fast jeden Tag den Weg zu pro:woman in die Wiener Innenstadt, um Frauen von ihrer Entscheidung abzubringen. Sie verteilen Broschüren, beten den Rosenkranz und flüstern so manch einer Sätze wie „Mach dich nicht zur Mörderin!“ ins Ohr, erzählt Geschäftsführerin Elke Graf. „Das ist unerträglich. Die Frauen fühlen sich eingeschüchtert, aber wir können nichts dagegen tun.“ Die wiederholte Forderung nach einer Schutzzone blieb bisher ungehört.
Seit der Entwurf einer Urteilsbegründung des US-amerikanischen Supreme Court geleakt wurde, ist das Thema wieder in den Fokus gerückt. Demnach hätten Frauen in den USA künftig kein grundsätzliches Recht auf Abtreibung mehr. Die konservativen Kräfte hoffen, damit Abtreibungen aus der Welt zu schaffen. Laut einer Untersuchung der WHO werden Schwangerschaftsabbrüche aber lediglich in die Illegalität gedrängt. Und damit gefährlicher für Frauen.
Die Wienerin Lisa Müller hat sich vor 18 Jahren für eine Abtreibung entschieden. Müller heißt in Wirklichkeit anders, ihren echten Namen will sie nicht in der Zeitung lesen. Sie wurde trotz Verhütung schwanger. „Ich habe damals an einer Essstörung gelitten und war psychisch sehr instabil. Mir war sofort klar, dass ich das Kind nicht möchte.“ Wäre ein Abbruch hierzulande nicht möglich gewesen, hätte sie nach illegalen Wegen gesucht oder wäre ins Ausland gefahren. Das Kind zu bekommen, wäre keine Option gewesen.
Kommentare