Grüne Frauensprecherin will Abtreibung auf Kasse in öffentlichen Spitälern
Die Grünen pochen darauf, Schwangerschaftsabbrüche auf Kosten der Krankenkasse in allen öffentlichen Spitälern zu ermöglichen. Derzeit herrsche hier ein "beschämender Zustand", meinte die Grüne Frauenvorsitzende Meri Disoski im Interview mit der APA. In der Koalition habe man indes trotz "sehr unterschiedlicher Zugänge" von ÖVP und Grünen "längst überfällige Schritte" in der Frauenpolitik gesetzt. Das Frauenbudget soll wieder erhöht werden.
Gute Versorgungsmöglichkeiten gebe es bei Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich nur in Wien. Doch nicht nur bei der Versorgung meldete Disoski Kritik an: "Reaktionär" sei etwa eine geplante Kampagne in Salzburg, die Adoption als Alternative zum Abbruch propagieren solle. Für einen "Dammbruch" habe auch die SPÖ als Teil der Landesregierung in Tirol gesorgt - dort soll ein Register eingeführt werden, mit dem etwa Motive über Abtreibungen erhoben werden sollen. "Das Motiv ist, eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen zu wollen", sagte Disoski, "mehr hat weder den Staat noch sonst jemanden zu interessieren." Im Burgenland gebe es in keinem Spital eine Möglichkeit für einen Schwangerschaftsabbruch. SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil könne dafür "mit einem Federstrich Sorge tragen".
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Disoski erfreut, "dass die ÖVP endlich zu unserer Party hinzugestoßen ist"
Auch plädierte Disoski für eine Streichung der Fristenlösung aus dem Strafgesetzbuch. Derzeit ist ein Schwangerschaftsabbruch zwar illegal, aber in den ersten drei Monaten nicht strafbar. Der Körper und das Selbstbestimmungsrecht der Frau sei damit im Strafgesetzbuch verankert - ein "unhaltbarer Zustand". Verbesserungen habe es in den letzten Jahren durch die Möglichkeit für Gynäkologen gegeben, die Abtreibungspille "Mifegyne" zu verschreiben, betonte sie.
Angesprochen auf die seitens der Volkspartei angekündigten 4,5 Milliarden Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung zeigte sich Disoski erfreut, "dass die ÖVP endlich zu unserer Party hinzugestoßen ist". Damit werde sich die Betreuungssituation in allen Bundesländern maßgeblich verbessern. Einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr, den die Grünen seit langem fordern, könne es laut dem Kanzler erst nach dem Ausbau geben. Dieser bleibe "klares grünes Ziel", so Disoski.
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Disoski: "Zum Kinder machen gehören mindestens zwei Personen"
Kritik an den Änderungen bei der Elternkarenz - die volle Karenz gibt es nur dann, wenn jeder Elternteil mindestens zwei Monate wahrnimmt - habe sie "mit Erstaunen zur Kenntnis genommen". Könnten Väter das nicht tun, würde Frauen Karenzzeit genommen, kritisierte die SPÖ, während die FPÖ eine Belastung der Väter ortete. "Zum Kinder machen gehören mindestens zwei Personen", meinte Disoski, das solle sich auch in der Erziehung spiegeln. Das Ziel sei halbe-halbe, das Vorbild Skandinavien, meinte sie zur Frage, ob zwei Monate genug seien, um eine Veränderung zu bewirken.
Die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit, genauso wie die ungleiche Bezahlung der Erwerbsarbeit, sei schließlich auch Grund für Altersarmut von Frauen. Der Gesetzesvorschlag für automatisches Pensionssplitting, mit dem Abhilfe geschafft werden soll, liege schon lange im grünen Sozialministerium, hatte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) kritisiert. Auch ein Vorschlag für die Lohntransparenz liege bereits lange beim Koalitionspartner, entgegnete Disoski, die nur ein umfassendes Paket gegen Altersarmut von Frauen umsetzen will. Die Grünen wollen Lohntransparenz bei Betrieben ab 35 Mitarbeitern, diese könne mit Stufenmodellen erfolgen. Die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die Maßnahmen bei Betrieben ab 100 Mitarbeitern notwendig macht, sei nicht ausreichend.
Zufrieden mit der frauenpolitischen Arbeit der Koalition
Gewaltambulanzen, die der Rechnungshof (RH) Ende August gefordert hat, sollen noch heuer kommen. Eine Gesamtstrategie beim Thema Gewaltschutz, deren Fehlen der RH monierte, leite sich aus der von Österreich ratifizierten "Istanbul-Konvention" ab, sagte die Frauensprecherin. Grundsätzlich habe der RH aber eine positive Entwicklung des Gewalt- und Opferschutzes für Frauen geortet, betonte sie und lobte etwa die Implementierung einer opferschutzorientierten Täterarbeit. In diesem Bereich gebe es weiterhin Aufgaben - derzeit suche man etwa nach Möglichkeiten, um Beratungseinrichtungen langfristig auszufinanzieren, auch die Bundesländer seien in der Pflicht.
Disoski zeigte sich überzeugt, dass die Koalition trotz hartnäckiger Neuwahlgerüchte bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2024 halten wird. Mit der frauenpolitischen Arbeit der Koalition zeigte sie sich zufrieden - mit den Grünen in der Regierung seien "längst überfällige Schritte" umgesetzt worden. Das Frauenbudget, derzeit 24,3 Millionen Euro, sei in den letzten Jahren mehr als verdoppelt worden und werde auch im nächsten Jahr steigen. Eine Zahl wollte Disoski nicht nennen, die Budgetverhandlungen würden laufen.
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