Fragwürdiger Lokalbesuch: Wie Pubquizze nach Wien kamen

Umsatzbringer: Die Quizze entstanden in den 1960ern in der britischen Pubkultur.
Das gemeinsame Raten bei Speis und Trank erfreut sich großer Beliebtheit. Ein Blick hinter die Kulissen der Branche.

Wie heißt die Hauptstadt von Ghana? Gute Frage, wird so mancher jetzt denken.

Weit gefehlt.

Eine gute Frage kann viel mehr, als die eingangs erwähnte. Attila Hazler und René Rosenauer formulieren es so: „Eine gute Frage ist eine Frage, bei der man tüfteln muss. Bei der man nur als Team auf Antwort kommt.“

Die beiden müssen es wissen. Gute Fragen zu stellen, das ist ihr Beruf: Sie kreieren Pubquizze – also eine Abfolge von Fragen, zu deren Beantwortung man in Lokalen in Teams zusammenkommt und gegeneinander antritt.

Aktuell bedienen Hazler und Rosenauer 25 Wiener Lokale wie das Café Benno, das Welt Café oder das Billabong mit Rätseln – und damit ein Drittel des hiesigen Markts.

Fragwürdiger Lokalbesuch: Wie Pubquizze nach Wien kamen

Hazler und Rosenauer versorgen 25 Wiener Lokale mit Fragen. 

Hazler hat dazu vor zehn Jahren die Firma „Quizmanufaktur“ gegründet. Mittlerweile kann er einen Fundus von 20.000 Fragen vorweisen. Einen Teil davon bewahrt er, sauber in Ordnern abgeheftet, in einem kleinen Büro in Margareten auf. Weil der Platz dort aber nicht mehr ausreicht, ist der Rest auf dem Computer gespeichert. 

Laufend kommen neue Fragen dazu: Bis zu 30 schreibt Hazler pro Tag. Das muss er auch, denn was die Wiederverwendung angeht, haben er und Rosenauer strenge Regeln. Eine Frage wird in ein und demselben Lokal nie zweimal gestellt. Und sie darf erst nach fünf Jahren in einem anderen Lokal verwendet werden.

Als Quelle der Inspiration dienen ihm Zeitungen, Bücher und der Alltag. Beim Entwickeln der Fragen zugute kommen ihm sein Geschichte-Studium und eine „humanistische Grundbildung“, auf die sein Vater viel wert gelegt habe.

Lange Tradition

Der Einfall, wie er diese Bildung verwerten kann, kam Hazler im Jahr 2004, als der damalige Student im Schwarzen Raben in Ottakring kellnerte. Pubquizze waren zu dieser Zeit in Wien noch ein junges Phänomen.

In Großbritannien und Nordirland kamen sie bereits in den 1960ern auf – als Mittel, um an umsatzschwachen Tagen Gäste anzulocken.

Quizmanufaktur
1050 Wien, Wehrgasse 29
Das Unternehmen bietet Quizze für Lokale, Firmenfeiern und private  Partys  (Geburtstage, Hochzeiten usw.) an. 
Mehr Infos hier

Café Benno
1080 Wien, Alser Straße 67
Mo und Di,  20.30 Uhr
Das Pubquiz im Keller des Beisls gilt als das kniffligste in Wien.

Battle Axe
1190 Wien, Glatzgasse 4
Mi, 20 Uhr
16 Fragen aus allen Wissensgebieten und aus dem Metal-Bereich. Einmal im Monat stellt René Rosenauer für das Rock-Pub ein Quiz aus sogenannten Nerd-Gebieten (Herr der Ringe, Star Treck, Friends usw.) zusammen.

Down Under
1060 Wien, Magdalenenstraße 32
Do, 19.30 Uhr
Besonderheit des Quizzes in dem  australischen Pub ist das Musikvideo-Raten.

Als sich Pubs nach und nach auch in Kontinentaleuropa etablierten, kamen die Quizze kurzerhand mit. „Anfangs gab es in Wien nur Pubquizze auf Englisch“, sagt Hazler. „Ich habe meiner Chefin im Raben vorgeschlagen, so etwas auf Deutsch zu probieren und war damit einer der ersten in Wien“.

Hazlers Idee funktionierte: Am im Raben sonst so umsatzschwachen Freitag – der dort übrigens bis heute der Pubquiz-Tag ist – lief das Geschäft plötzlich blendend.

Weitere Lokale bekundeten Interesse, auch Nachahmer ließen nicht lange auf sich warten. Und damit kehrte eine Beschäftigung in die Lokale ein, die in Österreich eine lange Tradition hat: das Spielen.

Fragwürdiger Lokalbesuch: Wie Pubquizze nach Wien kamen

Hazler und Rosenauer mit ihrem Fragen-Fundus in Margareten. 

In vielen (vor allem gehobeneren) Lokalen sind Spielerunden heutzutage nur ungern gesehen. Dabei war das Tarockspiel mit dem Wiener Kaffeehaus einst ebenso eng verbunden wie das Schnapsen mit dem Wirtshaus.

Bei Letzterem verrät bereits der Name einiges: Weil Kirche und Polizei früher streng gegen das Spiel um Geld vorgingen, spielten findige Spieler im Wirtshaus um die Konsumation. Meistens also um Schnaps. Eine Parallele zum Pubquiz: Das Sieger-Team erhält in der Regel eine Runde Getränke aufs Haus.

Geübte Teilnehmer

Während die Teilnahme für die Gäste meist gratis ist, zahlen die Gastronomen für die Quizze. Die Quizmanufaktur verrechnet pro Quiz zwischen 20 und 200 Euro – je nach erwarteter Gewinnspanne für die Wirte.

Diese können auch einen von rund 20 Quizmastern dazubuchen (einen Job, den Hazler früher selbst machte) – oder eigenhändig moderieren.

Kneipenquiz - das Original
Moses Verlag, für 3 bis 6 Spieler ab 16 Jahren, Spieldauer zirka 30 Minuten, insgesamt 750 Fragen

Trivial Pursuit – 2010 bis 2020 Edition 
Hasbro, für 2 bis 6 Spieler ab 16 Jahren, mit modernen Themen wie Serien und Memes

Pub Quiz – 10,000 Easy, Medium and Difficult Questions
Collins, 500-Seiten-Buch mit traditionell englischen Fragen

Klugscheisser
Kylskapspoesi, für mindestens 2 Spieler ab 12 Jahren, mit insgesamt 300 Fragen der etwas anderen Art

In seltenen Fällen bezahlen die Gäste ein Startgeld – meist wird ein Euro verlangt. Mancherorts wandert dieses Geld dann in einen Jackpot: Wer alle Fragen richtig beantwortet, gewinnt ihn. „Da gibt es dann aber immer eine Frage, die du sicher nicht beantworten kannst“, sagt Hazlers Kollege Rosenauer.

Das sei eine Art Schutz vor sogenannten Pubquiz-Touristen: Das sind geübte Rate-Fans, die gezielt in Lokale gehen, wo es einen Jackpot zu holen gibt.

Pubquiz-Fans zeichnen sich tendenziell durch zwei Dinge aus: einen Hang zur Ehrlichkeit und zur Rechthaberei. Geschummelt wird laut Rosenauer kaum. „Wenn doch, gibt es eine Verwarnung. Beim nächsten Versuch wird das Team disqualifiziert.“

Umgekehrt kommt es vor, dass die Moderatoren korrigiert werden: „Pubquizze ziehen natürlich Besserwisser an“, so Hazler. Deshalb müsse man darauf achten, die Frage präzise zu formulieren. Während in Großbritannien im Zweifel immer der Quizmaster Recht hat, ist man in Wien kulanter: „Wenn ein Team eine alternative Antwort belegen kann, lassen wir das gelten“.

Viele Formate

Damit die Quizze abwechslungsreich bleiben, verwenden Hazler und Rosenauer übrigens viele verschiedene Frage-Formate: Musikvideo-Erkennen, Schätz-Fragen, Lieder-Raten oder Bilder-Rästel. Bei manchen Quizzen müssen die Antworten in ein Kreuzworträtsel-Raster eingetragen werden, zudem gibt es monothematische Quizze.

Und was wäre nun eine gute Geografie-Frage? Hazler und Rosenauer formulieren es so: „Nennen Sie vier Länder mit einer Himmelsrichtung in ihrem Namen.“

Hinweis: Aus einem davon stammt das Pubquiz.

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