Schiffe versenken: Minimalistischer Spieleklassiker für Militärstrategen

Schiffe versenken: Minimalistischer Spieleklassiker für Militärstrategen
Stift und kariertes Papier: Mehr braucht es nicht für den minimalistischen Klassiker. Strategisch kann man sich hier aber beweisen. Auch militärhistorisch ist das Spiel von Interesse.

Als der englische Admiral Arthur Herbert, Earl of Torrington, im Pfälzischen Erbfolgekrieg gegen die Franzosen sein Konzept der Präsenzflotte – englisch: fleet in being – entwickelte, schlug er damit nicht nur ein neues Kapitel in der Kriegsführung zur See auf. Torrington legte ganz unbewusst auch einen Grundstein für einen bis heute beliebten Spieleklassiker.

Stift, karierte Zettel, zwei Spieler: Mehr braucht es nicht für eine gepflegte Partie Schiffe versenken. Das Spiel zählt gemeinsam mit Stadt – Land – Fluss zu den Top 10 der minimalistischen Spiele, mit denen sich jedermann (und auch jede Frau) unkompliziert die Langeweile vertreiben kann.

Doch in dem Spiel steckt deutlich mehr, als es auf den ersten Blick scheint – und zwar nicht nur in strategisch-taktischer Hinsicht, sondern auch in (militär-)historischer.

Die Grundregeln

Die Grundregeln sind rasch in Erinnerung gerufen: Zwei Spieler fertigen je zwei quadratische Pläne an. Zumeist messen diese zehn mal zehn Quadrate (noch spannender ist es mit 20), die an der Seite fortlaufend mit Buchstaben und am oberen Rand mit Zahlen versehen werden.

Die beiden Raster stellen das eigene sowie das gegnerische Meer dar. Im eigenen Meer platziert man nun – ohne, dass der Gegner es sieht – seine Flotte.

Die Schiffe sind Gebilde mit unterschiedlicher Kästchenlänge und Form. (Einige Beispiele siehe Illustration oben.) Anzahl und Art der Schiffe werden vorab vereinbart, ebenso einige weitere Regeln. Meist legt man fest, dass Schiffe einander an keinem Punkt berühren dürfen.

Taktik und Strategie

Dann beginnt das Spiel: Die Spieler schießen abwechselnd auf den Raster des Gegners, um dessen Schiffe zu versenken. Das ist der Fall, sobald alle Felder eines Schiffes getroffen wurden. Falls nicht anders vereinbart, darf ein Spieler so lange feuern, bis er nur ins Wasser trifft – dann ist das Gegenüber dran.

Der Angreifer nennt das Kästchen, auf das er feuern will (etwa „C4“), der Beschossene antwortet wahrheitsgetreu mit „Wasser“, „Treffer“ oder „Versenkt“. Welches Schiff getroffen wurde, gibt er nicht preis. Sieger ist, wer zuerst die Flotte des Gegenübers versenkt.

Bleibt die Frage: Ist es bloß Zufall, wer die Schiffe des anderen zuerst trifft? Mitnichten.

Mathematiker haben herausgefunden, dass sich die Schiffe mithilfe spezieller Beschuss-Muster vor allem auf großen Spielfeldern schneller finden lassen. Beliebt ist der diagonale Beschuss oder das Schachbrettmuster. Bei beiden erhöht sich die Chance, Schiffe zu lokalisieren und die Zahl der Fehlschüsse zu minimieren. Das Netz um die Schiffe zieht sich rascher enger als bei geraden oder rein zufälligen Beschuss-Mustern.

Psychologie

Auch die Psychologie spielt eine Rolle. Viele Spieler tendieren dazu, Schiffe nicht direkt am Rand zu platzieren und möglichst gleichmäßig auf dem Raster zu verteilen. Einzige Ausnahme: Oft wird ein einzelnes (kleines) Schiff ganz im unteren rechten Eck versteckt. Tendenziell ist das jener Bereich, auf den zuletzt geschossen wird.

Übrigens: Dass Beschuss-Muster sinnvoll sind, denken nicht nur Wissenschafter und Spieler – sondern auch Militärstrategen. Nach Berechnungen und Praxistests sei die US Navy bereits 1912 zum Ergebnis gekommen, dass „man auf verstreute Ziele auch verstreut schießen muss“, wie Bernhard Siegert, Kultur- und Medienhistoriker an der Bauhaus-Universität in Weimar, in einem Artikel beschreibt.

Der damalige Navy-Konteradmiral Bradley Allen Fiske sprach sich übrigens auch für den Einsatz von Spielbrettern aus, um Taktik und Strategie zu üben. Oder, wie es Historiker Siegert ausdrückt: „Spätestens ab 1916 spielten die Marineoffiziere aus professionellen Gründen Schiffe versenken.“

Seit wann aber gibt es das Spiel nun? Und was hat der eingangs erwähnte Earl of Torrington damit zu tun? Das bisher Gelesene enthält Indizien.

Raster und Torpedoboote

Dass die Seeschlacht auf einem gerasterten Plan ausgetragen wird, legt nahe, dass Längen- und Breitengrade und ihr neuzeitlicher Einsatz bekannt gewesen sein mussten. Der Erste, der einen Raster auf einen Seekriegsschauplatz legte (und das erste große Werk über Marinetaktiken schrieb), war im 17. Jahrhundert der Franzose Paul Hoste.

Bis ins 16. Jahrhundert wurden Seeschlachten zudem wie Infanteriekriege zu Land geführt. Das feindliche Schiff wurde geentert, dann kämpften normale Soldaten an Deck. Erst in späteren Jahrhunderten setzte sich der Beschuss mit Geschützen durch.

Auch interessant: Im Spiel sind die gegnerischen Schiffe unsichtbar – fast wie Torpedoboote. Diese waren ab 1880 im Einsatz, klein und wendig, um möglichst spät erkannt zu werden. Ein klarer Vorteil gegenüber alten großen Schlachtschiffen, die früher am Horizont sichtbar wurden.

Und was ist nun mit Torrington? Im Seekrieg gegen Hoste setzte er, um die eigene Unterlegenheit zu kaschieren, als erster überhaupt auf eine Präsenzflotte – also eine, die gar nicht wirklich agiert, sondern bloß existiert. Und deren Bedrohung nur von ihrer strategisch gut inszenierten Anwesenheit ausgeht. Auch sie ist im Spiel versinnbildlicht.

Übrigens: Manch fortschrittliche Spieler haben bei Schiffe versenken mittlerweile gefährliche Seeminen, mächtige Küstenbatterien oder Salvenbeschuss eingeführt. Torrington konnte davon damals nur träumen.

Klassiker
Wer spontan eine Partie wagen will, aber nur über Stift und Zettel verfügt,  kann auf einige Klassiker zurückgreifen. Zwei Spiele im Regel-Schnelldurchlauf

Stadt – Land – Fluss
Die Spieler einigen sich auf mehrere Kategorien, in denen möglichst rasch Wörter mit einem vorab definierten Anfangsbuchstaben zu finden sind. Sobald der erste Spieler alle Kategorien ausgefüllt hat, endet die Runde und es wird gewertet. Für Wörter, die bei mehreren Spielern vorkommen, gibt es 5 Punkte; für Wörter, die nur ein Spieler notiert hat, gibt es 10 Punkte; ist man der einzige Spieler, der in einer Kategorie fündig geworden ist, gibt es 20 Punkte. Beliebte Kategorien: Tier, Pflanze, Name, Essen, Beruf, Film, Promis, Automarken – und Schimpfwörter

Wer bin ich?
Jedem Spieler wird ein Zettel (ideal: ein Post-it) an der Stirn befestigt, auf dem der Name einer realen oder fiktiven Person steht. Nun gilt es durch Fragen, die mit Ja und Nein beantwortbar sind, herauszufinden, wer man ist. Bei einem Ja darf man weiter raten, bei einem Nein ist der Nächste an der Reihe. Wer zuerst löst, gewinnt

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