Florierende Bruderschaft: Wie ein Verein in Wien hunderte Blumen pflanzt

Martha Frak, Maciej Marszalek und Thomas Markiefka auf der Schatzinsel in Favoriten. 
Der Verein Wagner Brüder will nach dem Vorbild des namensgebenden Architekten mehr Blüten in die Stadt bringen. Zum Beispiel mit 1.000 Blumenzwiebeln auf nur einer einzigen Verkehrsinsel.

Mitten in der Maria-Lassnig-Straße, auf Höhe der Nummer 38, schlummert ein riesiger Schatz. Noch ist er gut verborgen: Auf der dortigen Verkehrsinsel sind derzeit vor allem vom Wind plattgepeitschtes Gras und ein paar braune Stauden zu sehen.

Dazwischen: vereinzelte Krokus-Blüten. Sie sind der Vorgeschmack auf das, was kommt.

Vorigen Herbst wurden auf dem Grünstreifen an die 1.000 Blumenzwiebeln vergraben, neben den Krokussen etwa auch Märzenbecher und Tulpen. Gemacht hat all das ein kleiner Verein mit großem Vorbild: die Wagner Brüder.

Dessen Ziel ist es, Wien aufblühen zu lassen. „Geplant war diese Fläche als ein gemähter Rasen mit ein paar Bäumen. So sieht Natur aber nicht aus. Das Bunte fehlt“, sagt Thomas Markiefka.

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Die Vorschau ist schon da. 

Er wohnt hier im Sonnwendviertel und hat die Wagner Brüder im Jahr 2020 mit seinem Freund Maciej Marszalek aus Hernals gegründet.

Gemeinsam mit acht weiteren Mitgliedern – darunter auch Wagner Schwestern –, bringen sie Farbe in Grünflächen. Oder, wie es Markiefka formuliert: „Wir wollen etwas für die Bienen und fürs Auge.“

Zu viel Beton und Asphalt

Jetzt, wo der Frühling bevorsteht, haben sie viel zu tun. Auf der Verkehrsinsel schneiden Markiefka und Marszalek abgestorbene Zweige ab, pflanzen Ziergräser, düngen die Erde mit Kaffeesatz und Eierschalen. Und sie begutachten ausgiebig den Fortschritt der Flora: „Schau, da kommen die Narzissen.“

Schon Otto Wagner, seines Zeichens einer der prägenden Architekten des Wiener Stadtbilds, habe ein Faible für Blumen und pflanzliche Formen gehabt, sagt Marszalek. Und daran will der Verein anschließen.

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Der Verein hat eigene T-Shirts. 

„Wir möchten Wien organischer machen“, so Marszalek. Dies bedeute auch – wie einst Wagner – Veränderungen anzustoßen. Denn insgesamt gebe es in dieser Stadt und besonders in neuen Stadtteilen wie dem Sonnwendviertel zu viele versiegelte Flächen.

Anders als in verbauten Gebieten habe in diesem Viertel die Chance bestanden, Grün einzuplanen, so Markiefka. „Und dennoch hat man so viel Beton und Asphalt verwendet.“

Ihm gehe es darum, zu handeln: „Alle reden davon, dass wir das Klima retten und Städte naturgerechter machen müssen. Ich rede nicht, ich packe an“, sagt Markiefka.

Aus eigener Tasche

Dem widmet er seine Freizeit – und greift auch in die eigene Tasche. Die Mitglieder des Vereins zahlen viele der Gewächse, die sie einpflanzen, selbst. Häufig bekommen sie auch Spenden: etwa von Anrainern und Bekannten, die ihnen Setzlinge oder Ableger schenken.

Ein besonderer Glücksfall war eine Großspende im Vorjahr. Die Baumarktkette Hornbach hatte für Werbezwecke die Fassade eines Gebäudes am Mariahilfer Gürtel mit Primeln, Bambus- und Hängeefeu-Stöcken bepflanzen lassen.

Nach Ende der Aktion wurden die Pflanzen den Wagner Brüdern überlassen. Hunderte dieser Primeln werden heuer auf der Verkehrsinsel in der Maria-Lassnig-Straße aufblühen.

Zumindest die Beete bekommt der Verein gratis. Die Stadt stellt im Rahmen der Aktion „Garteln ums Eck“ Verkehrsinseln oder unversiegelte Bereiche um Bäume, auch Baumscheiben genannt, zur Verfügung. Rund zehn Flächen betreuen die Wagner Brüder mittlerweile – unter anderem an weiteren Stellen im 10. Bezirk sowie im 15. und 6. Bezirk.

Botanische Experimente

Genutzt werden sie auch als eine Art Versuchslabor. „Dort drüben haben wir eine Zimmerpflanze eingesetzt, die hat sogar den Winter überlebt“, sagt Markiefka und deutet auf eine Staude auf der Verkehrsinsel.

Dann macht er sich an das nächste Experiment: Markiefka pflückt die vertrocknete Blüte einer Studentenblume, bricht sie auf und streut die Samen auf die Erde.

Der Grundstein für den nächsten Schatz ist damit gelegt.

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